Dieses Foto und die beiden darunter zeigen stets dasselbe Tier: Es ist vom Gast zum dauerhaften Bewohner Böhmens geworden.
Foto: Klára Pyšková

Prag – Körperlich etwas kleiner und leichter gebaut als sein naher Verwandter, der Wolf, ist der Goldschakal (Canis aureus) ein recht flexibles Tier: Abgesehen von Wäldern besiedelt er die unterschiedlichsten Lebensräume, auf seinem Speisezettel stehen kleinere Säugetiere ebenso wie Insekten oder auch Früchte und andere pflanzliche Kost. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Burma und Indien über weite Teile Vorderasiens bis nach Südosteuropa.

Und seit einigen Jahrzehnten verschiebt er die Grenze dieses Gebiets beständig nach Nordwesten. In Österreich haben sich die Sichtungen ab den 1980er Jahren gehäuft, vereinzelte Tiere haben es auch bis nach Deutschland und in die Schweiz geschafft. Nach bisherigem Wissensstand handelt es sich nicht um eine Tierart, die Mitteleuropa schon in historischer Zeit besiedelt hat und dann von der wachsenden menschlichen Bevölkerung abgedrängt wurde, um nun zurückzukehren. Es dürfte sich tatsächlich um natürliche Neueinwanderer handeln.

Foto: Klára Pyšková

In Tschechien steht er noch ganz am Anfang: Laut der Universität Prag war es eine Premiere, als im Juni 2015 erstmals ein Goldschakal in eine Fotofalle tappte, die auf tschechischem Boden aufgestellt war. Etwa 40 Kilometer von Prag entfernt, hat sich das Tier seitdem immer wieder blicken lassen, wie das Team um Klára Pyšková im Fachmagazin "ZooKeys" berichtet. Kadaver von Schakalen, die im Straßenverkehr gestorben oder von Unbekannten erschossen worden waren, hat man ebenfalls bereits gefunden.

Das Tier dürfte aus Österreich eingewandert sein, vermutet Pyšková aufgrund von (unbestätigten) Sichtungsmeldungen. Sein Geschlecht konnte noch nicht bestätigt werden – ebensowenig wie geklärt ist, ob es in der Region potenzielle Paarungspartner gibt. Auch wenn es sich nur um einen einzelnen Pionier handle, sei es aber ein Tier, das sich dort dauerhaft niedergelassen hat.

Foto: Klára Pyšková

Auf ihrem Zug nach Nordwesten profitieren Goldschakale von mehreren Faktoren, so die Forscherin weiter: Zum einen, dass es immer wärmer wird und vor allem die Winter immer milder ausfallen. Zum anderen aber auch, dass der Mensch mit dem Wolf den größten Konkurrenten des Goldschakals weitgehend ausgerottet hat: Von seinem übermächtigen Verwandten wird der Schakal nämlich nicht geduldet. Vom Verschwinden der Wölfe profitiert er nun in ähnlicher Weise wie sein nordamerikanischer Verwandter, der Kojote, der sich ebenfalls immer weiter ausbreitet. (red, 24. 12. 2016)