Wien – Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) will den Vorschlag des Integrationsexperten und Regierungsberaters Heinz Faßmann für ein Kopftuch-Verbot im öffentlichen Dienst in das Integrationsgesetz aufnehmen. Dies erklärte Kurz am Freitag gegenüber der APA.

Vor allem für den Schulbereich kann sich Kurz ein solches Kopftuchverbot vorstellen. "Weil es dort um Vorbildwirkung ein Einflussnahme auf junge Menschen geht. Österreich ist zwar ein religionsfreundlicher, aber auch ein säkulärer Staat", meint Kurz.

Kreuze in den Klassenzimmern würden dadurch nicht infrage gestellt. Kreuze in den Klassenzimmern gehörten mittlerweile zur historisch gewachsenen Kultur in Österreich. Die entsprechenden Regelungen seien außerdem verfassungsrechtlich abgesichert, meinte Kurz.

Der Außen- und Integrationsminister will das Kopftuchverbot jedenfalls bei den weiteren Verhandlungen über das Integrationspaket mit Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) thematisieren. Duzdar will in der Frage verschleierter Staatsdienerinnen noch ein Verfahren einer Belgierin vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) abwarten.

Muslime: Maßnahme "anti-integrativ"

Die Forderung wurde am Freitag von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) zurückgewiesen. Eine solche Maßnahme wäre ein völlig falsches Signal, "anti-integrativ" und "diskriminierend", hieß es in einer Stellungnahme.

"Wir appellieren dringend, diesen Vorstoß zurück zu nehmen, der einer weiteren Zusammenarbeit zwischen der IGGÖ und dem Integrationsministerium den Boden unter den Füßen zu entziehen droht. Aus dem geplanten Integrationspaket würde sonst ein Diskriminierungspaket", so der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ibrahim Olgun.

Die Stimmung gegen Muslime sei durch Terroranschläge ohnehin schon schwer belastet. Es wäre fatal, wollte man Unsicherheit und Ängste nun ausgerechnet auf dem Rücken von muslimischen Frauen austragen. "Will man gerade die emanzipierten und gebildeten Frauen vor den Kopf stoßen und sie in die Küche zurück drängen? Bedienstete des öffentlichen Dienstes haben eine positive Grundeinstellung zum Staat nicht nur verinnerlicht, sondern sind Multiplikatorinnen der Rechtsstaatlichkeit und Loyalität zu Österreich."

Seit 2004 bestehe in Österreich ein Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz, das auch die Religion einschließt. Daher sei es einem potenziellen Arbeitgeber verboten, einer Bewerberin aufgrund ihres Kopftuchs eine Anstellung zu verweigern. "Gerade der Staat sollte mit gutem Beispiel vorangehen und mit seiner Einstellungspolitik die Vielfalt der Gesellschaft abbilden und bestehende Ressentiments gegen Minderheiten abbauen helfen", hieß es aus der Glaubensgesellschaft. Partizipation im Berufsleben sei ein Schlüssel für gelungene Integration.

Der Außen- und Integrationsminister greife mit seinem Vorstoß für ein Kopftuchverbot auch die Religionsfreiheit an, monierte die Islamische Glaubensgemeinschaft. Vor allem wenn er eindeutig mit doppelten Standards arbeitet und Kreuze in öffentlichen Gebäuden wie Schulen unberührt von seinem Vorstoß sieht.

"Tacheles reden"

Die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ) kritisiert Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) für sein Vorhaben, ein Kopftuch-Verbot im öffentlichen Dienst, insbesondere an Schulen, einzuführen. Zugleich will man in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) eine Diskussion darüber in Gang setzen, ob gemeinsame Kooperationen der IGGiÖ mit Kurz überhaupt noch Sinn haben.

"Kurz gefällt anscheinend seine Rolle, sich auf dem Rücken der Musliminnen und Muslime politisch profilieren zu wollen", erklärte IMÖ-Vorstand Omar Al-Rawi am Freitag in einer Stellungnahme. Nach Kurz' "unrühmlicher Rolle" beim neuen Islamgesetz und seiner "Agitation" gegen muslimische Kindergärten in Wien komme der Minister schon wieder mit einem "diskriminierenden Vorschlag" gegen muslimische Frauen im öffentlichen Dienst, so Al-Rawi, der für die SPÖ auch im Wiener Gemeinderat sitzt.

Al-Rawi will nun die weitere Zusammenarbeit mit Kurz auf den Prüfstand stellen. "Ich werde in meiner Funktion als Vorstandsmitglied der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen und als langjähriger Integrationsbeauftragter der Islamischen Glaubensgemeinschaft dafür eintreten und mich einsetzten, den Kontakt und die gemeinsame Kooperationen der IGGiÖ mit Integrationsminister Kurz zu evaluieren und auf ihren Sinn zu prüfen."

Bis dahin sollten laut Al-Rawi alle Gespräche und Projekte ausgesetzt werden. "Immer über Medien uns Muslimen auszurichten, was er von uns denkt, ist nicht mehr tragbar. Als Musliminnen und Muslime sollten wir mit ihm endlich Tacheles reden." (APA, 6.1.2017)