Zumindest bis Ende 2017 wird Ajit Pai der FCC vorstehen.

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Die amerikanische Federal Communications Commission (FCC) spielt eine wesentliche Rolle bei der Ausgestaltung der Regeln, nach denen die Telekom- und Kabelanbieter in den USA spielen. FCC-Entscheidungen haben mitunter internationale Vorbildwirkung.

Unter Obama und dem von ihm nominierten FCC-Vorsitzenden Tom Wheeler etablierte die Behörde strenge Regeln zur Aufrechterhaltung der Netzneutralität – also der Gleichbehandlung allen Datenverkehrs durch die Provider. Den Internetanbietern war dies stets ein Dorn im Auge. Und unter Donald Trump könnten sie nun bald ihren Willen bekommen.

Der neue US-Präsident hat wie erwartet Ajit Pai als neuen FCC-Chef installiert, nachdem Wheeler aufgrund des politischen Führungswechsels zurücktrat. "The Verge" hat seine Positionen zusammengefasst.

Brief an Telekomfirmen

Pai erhielt seinen Sitz im fünfköpfigen Komitee der FCC im Jahr 2012 von Trumps Vorgänger Barack Obama, denn traditionell werden immer zwei der Plätze mit Mitgliedern der Minderheitspartei besetzt.

Schon kurz nach Trumps Wahlsieg schrieb Pai einen Brief (PDF) an amerikanische Telekom- und Kabelverbände, in dem er ankündigte, sich unter der künftigen Regierung möglichst schnell wieder mit "Title II" befassen zu wollen, jenem Regularium, mit dem die FCC die Netzneutralität festgeschrieben hatte.

Lauter Gegner der Netzneutralität

Der neue FCC-Chef spricht sich für eine freie Wirtschaftsentfaltung mit möglichst wenigen staatlichen Eingriffen aus. Er agiert schon lange als ein lauter Gegner der Netzneutralität, denn er sieht sie als Lösung für ein Problem, das nicht existiert. Er bestreitet, dass die großen Telekomanbieter als "Gatekeeper" für ihre Nutzer agieren, und meint dahingehend, dass sie auch keine Regulierung bräuchten.

Als die FCC einst Title II beschloss, erklärte Pai, dass die neuen Regeln früher oder später zu Fall gebracht würden – entweder auf gerichtlichem Wege (auf dem die Telekomanbieter bislang gescheitert sind), durch einen Beschluss des Kongresses oder von einer späteren FCC-Führung. Als neuer Chef der Behörde meinte er nunmehr: "Heute bin ich überzeugter denn je, dass diese Voraussage eintreten wird."

Kritisierte Vorgänger für Parteilichkeit

Auch andere Entscheidungen der Behörde in den letzten Jahren waren von ihm nicht mitgetragen worden. Er sprach sich ebenso gegen verpflichtende Geschwindigkeitstests als Maßnahme für schnellere Verbindungen oder die Verpflichtung zur Implementierung besserer Schutzmechanismen für die Privatsphäre der Internetnutzer aus. An der Verhinderung der Zusammenführung von Comcast und Time Warner übte er ebenfalls Kritik. Nur vereinzelt unterstützte er Vorstöße der FCC unter Wheeler.

Seinen Vorgänger kritisierte er dafür, viele "parteiische" Entscheidungen initiiert, also Erlässe mit Dreifünftelmehrheit abgesegnet zu haben, statt nach einem Kompromiss mit Zustimmung aller Gremienmitglieder zu suchen. In einem Interview vor einem Jahr erklärte Pai, dass die FCC viel stärker sei, wenn sie mit "geeinter Stimme" spreche.

Netzaktivisten besorgt

Ajit Pai war von 2001 bis 2003 als Berater für den Telekomanbieter Verizon tätig und arbeitete vor seiner Berufung in die FCC-Führung als Anwalt bei der Behörde sowie im Justizministerium und dem Justizausschuss des Senats. Seine Amtszeit ist vorerst bis Ende 2017 anberaumt, wenn jene von Tom Wheeler turnusgemäß ausgelaufen wäre. Der Senat hat dann die Möglichkeit, seine Berufung um fünf Jahre zu verlängern.

Seine Berufung zum FCC-Chef sorgt bei Verfechtern der Netzneutralität bereits für sorgenvolle Gesichter. "Konzernlobbyisten sind wahrscheinlich begeistert", heißt es etwa von der Non-Profit-Organisation Free Press. Bei Public Knowledge weist man auf seine bisherigen Positionen hin, die "mit Sicherheit problematisch für Konsumenten und den Wettbewerb" seien. (red, 24.01.2017)