Die WHO empfiehlt: maximal 17 Stück Würfelzucker pro Tag. Noch besser wäre allerdings die Hälfte.

Foto: iStockphoto.com

Wien – Mit "süß" assoziiert der Mensch grundsätzlich Positives. Das haben schon unsere Vorfahren gemacht, als sie noch fleißig Früchte sammelten. Sie kannten bereits die einfache Formel: Süße Nahrung ist niemals giftig, zudem liefert sie rasch Energie.

Und heute? Braucht es Empfehlungen der Weltgesundheitshüterin WHO: Nicht mehr als 50 Gramm Zucker sollte ein Erwachsener pro Tag zu sich nehmen. Noch besser wären 25 Gramm. Von diesem Sollzustand sind die Österreicher weit entfernt. Im Schnitt konsumieren sie täglich 93 Gramm Zucker in Form von Saccharose, Glucose, Fructose oder Maltose. Das ist eindeutig zu viel, wie Hermann Toplak, Stoffwechselexperte der Med-Uni Graz und Präsident der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft, betont: "Zucker ist pure Energie. Wir nehmen viel zu viel Energie auf, die wir nicht verbrennen, da wir uns nicht genug bewegen."

Ernährungswissenschafter sind überzeugt, dass die übermäßige Lust auf Süßes Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Fettleber fördert. Wer beispielsweise täglich einen Liter Cola trinkt, nimmt 106 Gramm bzw. 36 Stück Würfelzucker zu sich – und damit mehr als das Doppelte der empfohlenen Maximalmenge. "In Studien konnte gezeigt werden, dass bei Kindern der Konsum zuckerhaltiger Limonaden in einem direkten Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas steht", sagt Friedrich Hoppichler, Internist im Krankenhaus Barmherzige Brüder in Salzburg.

Fruchtzucker ist nicht unbedingt besser

Lange Zeit galt Fructose als gesündere Form von Zucker, weil sie zu einer geringeren Insulinausschüttung führt. Allerdings hemmt Fruchtzucker auch die Produktion des Hormons Leptin, das für das Sättigungsgefühl verantwortlich ist. Das heißt, wer seinen Körper mit Fructose füttert, isst mehr. "Gemeint ist hier aber nicht der gebundene Fruchtzucker, der in frischem Obst enthalten ist, sondern der hochkonzentrierte und industriell hergestellte Maissirup, den vor allem die Lebensmittelindustrie in den USA zur Süßung von Limonaden verwendet", erklärt der Wiener Gynäkologe und Endokrinologe Markus Metka.

Fructose kann auch die Entwicklung einer Fettleber fördern, da sie vorwiegend im zentralen Stoffwechselorgan abgebaut wird. "Die Gänsestopfleber ist verpönt, doch nichts anderes machen Menschen mit ihrer eigenen Leber", kritisiert Metka.

In Europa setzt die Lebensmittelindustrie bisher größtenteils auf Saccharose und Glucose. – Hauptsächlich dürfte dafür die Zuckermarktordnung der EU verantwortlich sein, mit der die Herstellung von Rübenzucker in den EU-Ländern gestützt wird. Dieses Modell soll Ende September 2017 auslaufen. Experten befürchten nun, dass damit auch vermehrt Produkte, die den sogenannten High Fructose Corn Syrup (HFCS) enthalten, in den Regalen der Supermarktketten zu finden sein werden.

Politik der kleinen Schritte

Dass der Handel aus Sorge um die Gesundheit der Konsumenten derartige Produkte nicht ins Sortiment aufnehmen wird, gilt als unwahrscheinlich. Doch in Österreich ist zumindest eine Politik der kleinen Schritte zu erkennen. So kündigte der österreichische Lebensmittelkonzern Spar kürzlich an, den Zuckergehalt in den Eigenmarken sukzessive senken zu wollen. "Jede Reduktion ist zu unterstützen. Es darf dabei aber nicht nur um hippe Lifestyle-Lebensmittel gehen, denn die freie Wahl zwischen Zuckerbomben und zuckerreduzierten Produkten hat leider viel zu oft nur der, der sich auch die zuckerreduzierte Variante leisten kann", sagt Hermann Toplak.

In manchen Convenience-Produkten wie etwa den "Vital Corn Flakes" soll gänzlich auf zusätzlichen Zucker verzichtet werden, "da sie ohnehin Zucker in Form von Stärke enthalten", so Spar-Chef Gerhard Drexel. In den Limonaden setzt der Konzern vorerst auf eine Reduktion um zehn Prozent. Ein Liter Spar-Cola wird dann statt 105 Gramm Zucker rund 95 Gramm enthalten. Empfehlenswert ist das Getränk damit aber noch lange nicht. (gueb, 9.2.2017)