Am Anfang steht eine Geschichte – und zwar jene von Dee Williams. Mit angespartem Geld und einem Kredit, kaufte sich die damals 34-jährige Amerikanerin ein renovierungsbedürftiges Haus. In den nachfolgenden Jahren steckte sie viel Liebe und Geld hinein, bevor sie mit 41 Jahren einen Herzanfall erlitt und sich daraufhin fragte, was ihr im Leben eigentlich wichtig ist. Das Abzahlen ihres Kredits und die ständigen Reperaturen in ihrem geliebten, großen Haus, waren es nicht. Williams plante um, sie baute sich ein Haus auf 7,8 Quadratmetern, mit weniger Platz und Besitz, dafür aber mehr finanzieller Freiheit und Zeit.

Im Bild: Das sechs Quadratmeter große Haus mit dem Namen Otis wurde vom Studiengang "Environmental Studies" am Green Mountain College in Vermont geplant. Im Inneren verfügt Otis über alles, was man braucht: Bett, Schreibtisch, einen Holzofen zum Kochen, ein Wasch- und Spülbecken und eine Komposttoilette.

Foto: Green Mountain College, Environmental Studies

Wie Williams geht es vielen Tiny-Home-Bewohnern auf der ganzen Welt. Sie wollen ihren Wohnraum und ihren Besitz einschränken und sich auf das Wesentliche im Leben konzentrieren. Andere wechseln in ein kleines Zuhause, weil sie unabhängig sein und die Umwelt schonen wollen.

Im Bild: Die Schutzhütte Skuta in den Steiner Alpen in Slowenien ist 15 Quadratmeter groß und wurde von Ofis architects und Akt II mit Studenten der Harvard University Graduate School of Design geplant. Sie wurde im Tal fabriziert und mit einem Hubschrauber an ihren Standort gebracht. Der Innenraum bietet Platz für acht Personen.

Foto: OFIS Arhitekti

Wie diese Menschen wohnen, hat die Architektin und Redakteurin Sandra Leitte in ihrem Buch "Winzig" zusammengetragen. Mit nur vier Quadratmetern geht es los – so klein ist das erste Haus, das Leitte in ihrem Buch beschreibt. Dabei gibt sie aber zu, dass nicht jedes von ihr Vorgestellte "Gebäude" auch als Hauptwohnsitz genutzt wird – viele der Beispiele dienen nur als Wochenend- oder Ferienhaus. Das vier Quadratmeter große "Antoine" in den Waliser Alpen – das von außen wie ein Felsen aussieht – etwa, wird als Schutzhütte von Bergsteigern genutzt.

Im Bild: hOMe steht in Ashland, Oregon, und wurde von Gabriella und Andrew Morrison entworfen. Für nur 33.000 hat die Familie mit einer Tochter den 29 Quadratmeter großen Wohnwagen bauen und komplett einrichten lassen. Der Innenbereich bietet alles, was man für den Lebensalltag braucht.

Foto: Gabriella Morrison

Vorgestellt werden die kleinen Häuser in Leittes Buch aufsteigend nach ihrer Wohnfläche, das größte hat 95 Quadratmeter und kann wohl nicht mehr als "winzig" beschrieben werden. Auf den Seiten dazwischen finden sich kleine Häuser in allen möglichen Ausführuhgen. Etwa ein acht Quadratmeter großer, verspiegelter Wohnwürfel, der wie ein Baumhaus in Heilbronn in Deutschland in einem Wald steht. Auch mit dabei: Klassische Wohnwägen, die zu Eigenheimen umfunktioniert wurden, oder Hausboote, etwa jenes 13 Quadratmeter große Modell, das im Nationalpark De Biesbosch in den Niederlanden schwimmt (im Bild). Besonderes Detail: Die Sitzecke im Boot wurde so abgesenkt, dass die Bewohner einen Blick in die Unterwasserwelt haben.

Im Bild: Die Freefloating Ecolodge in den Niederlanden besteht aus zwei Kabinen zu je 6,5 Quadratmetern. In einer sind Küche, Bad und Essplatz untergebracht, in der anderen befinden sich die Betten. Auf dem Dach gibt es eine Terrasse.

Foto: LINES Designworks

Daneben werden auch Strandhäuser, Berghütten und klassische Stadthäuser vorgestellt, das wohl ausgefallenste Gebäude im Buch ist aber ein Silo in Berlin-Moabit, der als Wohnhaus genutzt wird. Der Architekt selbst wohnt darin. Auf 13 Quadratmetern hat er sich zahlreiche Tricks überlegt, mit denen im Silo Energie und Platz gespart werden können, die Badewanne liegt etwa im Boden und wird durch eine Platte verdeckt – wird diese nach oben gefahren und befestigt, dient sie gleichzeitig als Esstisch.

Im Bild: Das 55 Quadratmeter große Beach Hampton steht in Amagansett, New York und wurde von Bates Masi + Architects geplant. Die Vorschriften erlaubten für das Gebäude eine maximale Grundfläche von 55 Quadratmetern und eine maximale Höhe von 7,60 Metern.

Foto: Bates Masi + Architects

Zu jedem vorgestellten Haus gibt es eine kleine Skizze und einen kurzen Erklärungstext, danach ziehen sich über jeweils mehrere Seiten Fotos des Hauses, sowohl Innen-, als auch Außenansichten sind zu sehen. Wer das Buch durchblättert, bekommt selbst Lust, auf weniger Raum umzuziehen und sämtlichen Besitz hinter sich zu lassen. Wie einfach das dann tatsächlich ist, sei dahingestellt. Dee Williams jedenfalls zählt regelmäßig nach. Akutell besitzt sie nur 305 Dinge – Besteck einzeln gezählt. (bere, 19.3.2017)

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Foto: DVA