Wer sich ein Haus aus Strohballen baut, kann beim Bau mithelfen – ein schlagendes Argument für manche Häuslbauer.

Foto: www.baubiologie.at

Noch gibt es nur erste Entwürfe für das Projekt von "Field_8". Die Baugruppe hofft auf einen Platz beim Nordwestbahnhof.

Entwurf: capital [a] architects

Hans-Peter Waldbauer und Peter Schubert haben einen Traum: Sie wollen in Wien das erste sechsstöckige Strohballenhaus Österreichs errichten – und zwar gemeinsam mit einer Baugruppe.

Der Hintergrund: "Ich habe mich schon immer gefragt, warum nicht mehr aus Lehm gebaut wird. Und Hans-Peter wollte wissen, warum nicht mehr aus Stroh gebaut wird. Dann haben wir uns zusammengesetzt und gesagt: Wenn das niemand macht, dann machen wir es halt", erzählt Architekt Peter Schubert über das erste Treffen der beiden im vergangenen Jahr.

Mittlerweile sind die beiden ein bisschen weiter. Am ehemaligen Nordwestbahnhof-Areal soll bis 2025 ein neues Stadtviertel entstehen. Dort würde auch die Baugruppe "Field_8" – benannt nach Herkunft des Baustoffes und präferiertem Bauplatz – gerne in einigen Jahren ihr Haus mit zwölf bis 13 Wohnungen bauen. Bis vor kurzem wurde das Areal noch als Frachtenbahnhof der ÖBB genutzt. "Wir haben eine Vision, aus der wir in den nächsten Jahren ein Konzept entwickeln werden", sagt Waldbauer. Und damit wolle man dann, wenn es so weit ist, in den Wettbewerb gehen.

Konkret ist eine modulare Strohbauweise mit Lehmbauplatten und einer Statik in Holzbau geplant. Ziel sei aber, auch sonst weitestgehend organische Baustoffe zu verwenden, etwa auch bei der Fußbodenheizung aus Holzfaserelementen anstelle von Gipsbauelementen. Neben einer Wohnnutzfläche von 1100 Quadratmetern sind auch ein 100 Quadratmeter großer Gemeinschaftsraum sowie ein 120 Quadratmeter großer Co-Working-Space im Erdgeschoß sowie ein Seminarraum und Raum für eine FoodCoop geplant.

Durchmischung erwünscht

Heuer noch werden Schubert und Waldbauer die Baugruppe aufbauen: Ein Treffen mit Interessenten fand vergangene Woche statt, ein weiteres ist im Mai geplant. Einschränkungen gebe es bei künftigen Bewohnern keine: "Die Stadt ist bunt", sagt Schubert. Das wolle man auch in der Durchmischung der Baugruppe zeigen. Geplant sind Wohnungen im Baurechtseigentum – und nicht, wie bei Baugruppen oft der Fall, im Rahmen eines Wohnheimes.

Damit wolle man die künftigen Bewohner aus ihrer passiven Rolle herausholen und dazu ermuntern, sich an der Projektverwirklichung zu beteiligen, sagt Schubert: "Die Menschen sollen verstehen: Sie machen das für sich und können die Verantwortung nicht abwälzen."

Schubert ist überzeugt davon, dass die Strohballenbauweise am Ende nicht teurer ist als eine konventionelle Bauweise. Warum damit dann nicht auch von großen Bauträgern häufiger gebaut wird? "Mit dieser Bauweise muss man sich vertraut machen. Und das kostet Zeit."

Auch Herbert Gruber vom Austrian Straw Bale Network (ASBN) sagt, dass Strohballenbauten nicht teurer kommen – wobei das bei einem Einfamilienhaus leichter sei als bei größeren Projekten.

Gesundheitliche Vorzüge

Die Hauptmotivation dafür, sich für diese Bauweise zu entscheiden, sieht er in der Wohngesundheit der Bewohner, was vor allem auf den Lehmbau zurückzuführen sei. Auch bei der Baugruppe "Field_8" ist das ein ausschlaggebender Punkt gewesen: Waldbauer hat Probleme mit den Bronchien, Schubert mit den Nasennebenhöhlen.

Noch ein weiteres Argument führt Gruber ins Feld: Die Strohballenbauweise sei besonders für jene attraktiv, die gerne selbst beim Hausbau mithelfen wollen. Bei ASBN werden Workshops auf Baustellen angeboten, bei denen Hausbauer in drei Tagen lernen, wie sie Stroh richtig einfüllen. "So wie man es früher gemacht hat, wo beim Hausbau das Dorf zusammengekommen ist und beim Hausbau geholfen hat", sagt Gruber.

Für manche verkörpert die Strohbauweise eine Rückkehr zur Natur: "Die Menschen wollen schadstofffrei leben. Stroh kommt als Abfallprodukt vom Bauern und geht 1:1 in die Wand. Das ist das Reizvolle", erzählt Schubert. Und manche bekommen ihre Inspiration für das Stroh auch aus Hollywood, wie Gruber schmunzelnd erzählt: Seit die Herr der Ringe- Trilogie vor einigen Jahren ins Kino kam, würden sich manche sehr für Hobbithäuser interessieren. (Franziska Zoidl, 16.3.2016)