Wien – Einige Versicherungschefs haben das neue Regierungsprogramm gar nicht wohlwollend kommentiert. Nicht weil die Maßnahmen im Pensionsbereich auf Missfallen stoßen, sondern weil das Thema großzügig ausgespart wurde. Bis auf einen Evergreen – Angleichung des Beamten- und ASVG-Systems – findet sich wenig in dem Papier von Ende Jänner. Koppelung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung? Fehlanzeige. Raschere Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer? Ebbe. Flexiblerer Übergang in den Ruhestand samt Ausweitung von Zu- und Abschlägen? Dürre.

Generali-Österreich-Chef Alfred Leu mokierte sich unlängst darüber, dass die Regierung die Altersvorsorge "ignoriert". Und auch internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds, die Industriestaatenorganisation OECD oder die EU-Kommission verpassen keine Gelegenheit, um auf den Handlungsbedarf im staatlichen Umlagesystem hinzuweisen. Die Alterung der Gesellschaft erfordere zusätzliche Maßnahmen, um die Staatspension abzusichern, so der einhellige Tenor. Auf künftige Pensionisten könnte – über kurz oder lang – also noch einiges zukommen, sofern die Regierung nicht weiterhin den Kopf in den Sand steckt.

Schüssel lässt grüßen

Klarer als etwaige noch zu beschließende Änderungen sind Einschnitte, die längst verankert wurden, sich aber erst langfristig zur Gänze auswirken. Sie sorgen dafür, dass die Pensionen künftig deutlich karger ausfallen. Und das, obwohl länger gearbeitet werden muss, um Ansprüche zu erwerben. "Schuld" daran sind in erster Linie die Reformen unter Exkanzler Wolfgang Schüssel, der dafür gleichermaßen gepriesen und verteufelt wird. Auch wenn einige Maßnahmen später etwas abgemildert bzw. neue Schlupflöcher geöffnet wurden, wirken sich die Einschnitte doch nachhaltig aus.

Ein Beispiel eines Mannes mit mittlerem Einkommen, der mit 65 Jahren in den Ruhestand tritt, verdeutlicht die Effekte: Erhält er derzeit noch knapp 1800 Euro Pension, sinkt diese bei gleichen Eckdaten in 20 Jahren unter die Schwelle von 1500 Euro. Noch dramatischer sind die Auswirkungen bei Frauen, in deren Fall in einer von EcoAustria durchgeführten Simulation die heutige Pension von 1320 in 20 Jahren auf 840 Euro schrumpft. Die Einbuße macht somit mehr als 36 Prozent aus.

2028 ist Übergang abgeschlossen

Die Gründe für den Aderlass sind verschiedener Natur. Angesetzt wurde bei den Versicherungsjahren und dem Bemessungszeitraum, der sich auch auf die Steigerungsbeträge auswirkt. Einige Punkte dauern. Erst 2028 wird der Übergang zum Lebenseinkommen als Basis für die Pensionshöhe abgeschlossen.

Einkommensverlusten kann man mit eigener Vorsorge begegnen. Oder mit längerem Arbeiten, sofern der Dienstgeber das zulässt. Die Zuschläge von 4,2 Prozent pro zusätzliches Jahr im Erwerbsleben und das höhere "Guthaben" auf dem Pensionskonto können sich auszahlen, meint Michael Christl, Experte bei AgendaAustria. Doch auch das ändere nichts daran, dass die junge Generation mehr für weniger Leistung zahle. (as, 18.3.2017)