Beim Begriff Palliativmedizin denken viele zuallererst an schwerkranke Menschen am Ende ihres Lebens. Doch neben ihrer Anwendung bei Krebspatienten, ist palliative Medizin, die sich vor allem durch symptomlindernde und Lebensqualität erhaltenden Behandlungen auszeichnet, auch in der Neurologie wesentlich.

Dabei geht es um weit mehr, als das so genannte "end of life treatment", sagt dazu Peter Kapeller, Vorstand der Neurologischen Abteilung im Landeskrankenhaus Villach. Palliativpatienten sind per Definition sterbende, aber auch unheilbar kranke Menschen mit die Lebensqualität beeinträchtigenden Symptomen und/oder psychosozialen Problemen.

Anders als in beim Wort Palliativmedizin oft angenommen, werden diese unheilbar kranken Patienten vor allem im Bereich Neurologie oft über Jahrzehnte mit symptomatischen Therapien behandelt, so Kapeller. Die Krankheitsbilder der Betroffenen sind dabei ganz unterschiedlich: Sie leiden an Demenzen, M. Parkinson und anderen degenerativen Erkrankungen des Zentralnervensystems ebenso wie an Folgezuständen schwerer Schlaganfälle, Gehirnentzündungen, Hirntumore, Neurotraumen, schwerer Unfälle oder genetischen Erkrankungen wie der Huntington'schen Erkrankung.

Selbstbestimmtes Leben

Wie wichtig diese Versorgung ist, zeigt sich etwa bei ALS-Patienten. "Durch ihre nicht heilbare, degenerative Schädigung des motorischen Nervensystems sind sie schon frühzeitig in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Hier gilt es, Lebensumstände zu schaffen, die den – geistig völlig intakten – Patienten so lange wie möglich ein weitgehend selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen", so Kapeller.

Die größte Herausforderung in diesem Bereich, so Kapeller, seien aber die Demenzpatienten. "Ihre Zahl wird in Zukunft weiter steigen", so der Mediziner. Denn anders als Krebspatienten, sterben Betroffene in der Regel nicht an ihren Defizitsymptomen, leiden dafür aber aufgrund ihres Alters an einer Reihe anderer Krankheiten.

Mehr Unterstützung

Da palliative Betreuung in der Neurologie von sehr langer Dauer sein kann, ist die Versorgung der Betroffenen sehr personalintensiv. Kapeller fordert eine bessere Unterstützung für Angehörige, die Demenzpatienten pflegen, "Studien zeigen, dass 100.000 Menschen in Österreich eine Person mit dieser Erkrankung betreuen."

Mehrere Fachgesellschaften – Vertreter aus Neurologie, Anästhesie, Innerer Medizin, Pädiatrie und Hämato-Onkologie – arbeiten derzeit gemeinsam an einem Curriculum für eine interdisziplinäre Ausbildung im Bereich der Palliativ-Neurologie. Mit neuen Behandlungsansätzen und Strukturen, so Kapeller, soll die Qualität der palliativen Behandlung verbessert werden. (bere, 22.3.2017)