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Seit Jahren wird vom bayrischen Bad Aibling aus abgehört.

Foto: Ap

Ausspionieren unter Freunden? Das geht. Dies erkannte im Frühjahr 2015 auch die österreichische Regierung, nachdem das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" enthüllt hatte, dass sie vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) ausgespäht worden war. Neben Ministerien wurden auch Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz von dem Geheimdienst überwacht. Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) reagierte jedoch gelassen auf die Veröffentlichungen. In einem Interview meinte er dazu kurz und knapp: "Ich persönlich habe mir vorgenommen, so zu leben, dass ich auch vor niemandem Angst haben brauche, der mich abhört."

Mittlerweile ist er nicht mehr Kanzler – er dürfte aber tatsächlich abgehört worden sein. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wurde die österreichische Regierung intensiv bespitzelt. Sogar das Landwirtschaftsministerium stand auf der Überwachungsliste, schrieb die Zeitung. Demnach wurden Mail-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen angezapft und überwacht.

Werner Faymann zu den Veröffentlichungen.
Raffaela Singer

Der Artikel fand in Österreich kaum Beachtung, offizielle Reaktionen blieben aus. Seitens des Landwirtschaftsministeriums wird auf Ermittlungen gegen unbekannt durch die Staatsanwaltschaft Wien verwiesen. Dort ist der Fall seit bald zwei Jahren in Bearbeitung.

"Ist mir nicht bekannt"

Die FPÖ hat nun den Artikel der "Süddeutschen Zeitung" zum Anlass genommen, eine parlamentarische Anfrage einzubringen, um mehr über die Aktivitäten des BND in Österreich in Erfahrung zu bringen. Es ist nicht die erste Anfrage bezüglich dieses Themas. Seit Edward Snowden die globale Überwachung öffentlich gemacht hatte, wurden dutzende Anfragen, hauptsächlich von den Grünen und den Neos, zu dem Themenkomplex eingebracht.

Und schon 1998 fragte der damalige Grünen-Chef und nunmehrige Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach, ob Österreich von der US-amerikanischen, von NSA und BND betriebenen Lauschstation im bayrischen Bad Aibling aus überwacht werde. Die Antwort des damaligen Innenministers Karl Schlögl (SPÖ): "Ob damit österreichische Telekommunikation überwacht werden kann, ist mir nicht bekannt."

"Amtsverschwiegenheit"

Andere Antworten waren ähnlich unergiebig. Dabei gibt sich das Landesverteidigungsministerium besonders schweigsam. In seinen Antworten beruft es sich oft auf "Amtsverschwiegenheit im Interesse der umfassenden Landesverteidigung". Dabei wäre das Bundesheer eine gute Adresse für Informationen, unterhält es doch schon seit Jahrzehnten mit dem BND und der NSA enge Beziehungen.

"Zum Schutz der Republik Österreich tauschen wir mit befreundeten Diensten Informationen aus", heißt es dazu auf STANDARD-Anfrage aus dem Bundesheer. Die direkt an der Grenze zur Slowakei gelegene Bundesheer-Abhöranlage Königswarte ist das Symbol dieser Liaison. Sie wurde in den 1950er-Jahren von den USA finanziert, damit man bis tief in die Sowjetunion hinein lauschen konnte.

Die Königswarte.
Foto: Sum

Aufgefangene Informationen wurden an den BND sowie US-Geheimdiensten weitergeleitet. Dabei spielte die immerwährende Neutralität Österreichs keine Rolle. Heute dient die Königswarte als Satellitenabhörstation.

CIA-Maulwurf

Wie wichtig Österreich für US-Geheimdienste ist, zeigte auch der 2014 aufgeflogene Fall eines CIA-Maulwurfs innerhalb des BND. Er gab geheime Dokumente an Agenten weiter, die in der Wiener Botschaft stationiert waren. Konspirative Treffen fanden in Salzburg statt. Als die Spionage unter Freunden aufgeflogen war, meinte das Außenministerium in Wien, man wolle der Sache nachgehen.

Als Reaktion auf die Affäre ließ die deutsche Kanzlerin Angela Merkel den "obersten Repräsentanten der US-Geheimdienste" in Berlin ausweisen. In Österreich forderte der Grünen-Politiker Peter Pilz die Regierung zur Nachahmung auf. Passiert ist nichts. Die Regierung hofft offensichtlich auf eine Lösung, die unangenehme Fragen erspart: Sie sitzt die Affäre einfach aus. (sum, 28.3.2017)