Red-Bull-Chef Mateschitz: Hier entlang zum nächsten Medienprojekt.

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Elsbethen-Glasenbach/Fuschl/Wien – Um nicht weniger als die Wahrheit soll es gehen, und um Information ohne Meinung: Eine journalistische "Organisation" mit diesem Auftrag lässt Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz aufbauen. Den Rahmen liefert Mateschitz in einem Interview mit der Kleinen Zeitung. Die konstatiert nach einigen Seiten über Meinungsdiktat, Metternich und Manipulation: "Sie reden wie ein Wutbürger."

Den Wutbürger weist Mateschitz (72) zurück: "Ich rede über Fakten, und ich rede über Scheinheiligkeiten."

"Manipulieren, kontrollieren"

  • Da hat sich Mateschitz schon über "das Meinungsdiktat des politisch Korrekten" empört, das etwa Russland als "das Böse schlechthin" abstemple – da sei "schnell Schluss mit Meinungsfreiheit, denn die wird ja nur gewährt, solange man dieselbe Meinung vertritt wie sie."
  • Über die "politischen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen bei der Nichtbewältigung der Flüchtlingswelle" – die Mateschitz lieber Auswanderungswelle nennt.
  • Mateschitz empörte sich ebenso über: "Man will den unmündigen, kritiklosen und verängstigten Staatsbürger, Metternich war ein Lehrbub gegen das."
  • Über: "Sie manipulieren, reglementieren, überwachen, kontrollieren. Und der gläserne Mensch ist genauso ein Albtraum wie die Meinungsdiktatur. Jetzt will man auch noch das Bargeld abschaffen."
  • Und: "Es scheint schon so, dass sich niemand mehr die Wahrheit zu sagen traut, auch wenn jeder weiß, dass es die Wahrheit ist."

Die Wahrheit

Wahrheit verspricht nun Mateschitz' Medienprojekt. "Näher an die Wahrheit" soll es Nutzer bringen. Weil er die übrige Berichterstattung "einseitig und unvollständig" findet. "Quo Vadis Veritas" nennt er seine mit Red Bull gegründete Stiftung dafür.

Journalistisch leitet den Aufbau der "Organisation" Michael Fleischhacker, zuvor Die Presse, NZZ.at. Fleischhacker bemüht sich mit dem Talk im Hangar schon auf Servus TV um diese Wahrheit – wie auch Servus-TV-Manager Ferdinand Wegscheider. Niko Alm (zuvor Vice, Neos) ist an Bord, Rainer Fleckl (zuvor News), Judith Denkmayr (zuletzt Vice).

Die neue "Organisation" agiere "vollkommen unabhängig von Red Bull als auch von Servus TV", teilt Red Bull mit.

Die Vorgeschichte

Red Bull bestätigte am Samstag auf STANDARD-Anfrage das Medienprojekt von Dietrich Mateschitz: Die "Quo Vadis Veritas Privatstiftung" sei gemeinnützig, sie finanziere die "journalistische Organisation". Sie solle "ein vollständigeres Bild der Wirklichkeit schaffen". Die Organisation agiere "vollkommen unabhängig sowohl von Red Bull als auch von ServusTV", hieß es bei Red Bull dazu.

Dietrich Mateschitz erkläre das Ziel des Projekt so, hieß es bei Red Bull: "Dem Vertrauensverlust in Institutionen, Politik und Medien entgegenwirken, der nicht zuletzt auf einseitige und wegen Ressourcenmangel unvollständige Berichterstattung durch die 'vierte Säule im Staat' zurückzuführen ist."

"Keine Meinung"

Medienkonsumenten solle "eine zusätzliche Möglichkeit geboten werden, näher an die Wahrheit heranzukommen, indem Informationen geliefert, aber keine Meinungen ausgebreitet werden", ließ Red Bull auf Anfrage zu dem Projekt verlauten. "Bürger und andere Medien sollen ermutigt werden, sich selbst eine eigene fundierte Meinung zu bilden."

Die "journalistische Organisation" baue seit 1. April der ehemalige "Presse"- und "NZZ.at"-Chefredakteur und -Geschäftsführer und Servus-TV-Moderator Michael Fleischhacker auf. Niko Alm übernehme die kaufmännische und organisatorische Leitung des Projekts, bestätigt der Konzern.

Im Gründungsteam zudem: Anna Schneider (zuletzt Referentin für Verfassungsrecht im NEOS-Parlamentsklub), Judith Denkmayr (zuletzt für das Corporate Development bei ViceCEE verantwortlich) und der Sport- und Investigativjournalist Rainer Fleckl (zuletzt in der Chefredaktion von "News") an.

Das "Kleine"-Interview: "Ich widersetze mich jedem Meinungsdiktat"

Die "Kleine Zeitung" berichtete über "Quo Vadis Veritas" am Rande eines Interviews mit Mateschitz zu den ersten 30 Jahren seit Gründung von Red Bull. Titel: "Ich widersetze mich jedem Meinungsdiktat".

In dem Interview beschwert sich Mateschitz über "die Politik, die sich in politischer Correctness ergeht, und eine selbst ernannte sogenannte intellektuelle Elite, bei der man bei bestem Willen weder einen wesentlichen wirtschaftspolitischen noch einen kulturpolitischen Beitrag für unser Land erkennen kann."

Mateschitz beschreibt sich als "Humanist, Kosmopolit, Pazifist und Individualist. Und ich bin jemand, der sich grundsätzlich jedem Meinungsdiktat widersetzt. Egal woher es kommt. Auch wenn man sich damit sofort in alle Richtungen verdächtig macht: In Amerika wird man als Kommunist abgestempelt, in Europa als Verschwörungstheoretiker oder Rechtspopulist."

"Wie ein Wutbürger"

Ihn störe etwa "das unverzeihliche Ausmaß der politischen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen bei der Nichtbewältigung der Flüchtlingswelle oder, besser gesagt, der Auswanderungswelle. Ich glaube nicht, dass es ein klarer Ausdruck politischen Willens war, die Grenzen unkontrolliert offen zu lassen. Man hat aus Angst und politischer Opportunität so entschieden. Schon damals war für jedermann erkennbar, dass der Großteil der Menschen nicht der Definition des Flüchtlings entsprach. Jedenfalls nicht der der Genfer Konvention."

Die "Kleine" konstatiert im Interview, das Chefredakteur Hubert Patterer und Mateschitz-Vertrauter Gerald Nöhrer, Mitglied der Chefredaktion für Beilagen, führten: "Sie reden wie ein Wutbürger".

Quo Vadis Veritas: Die Stiftung

Stifter von Quo Vadis sind laut Firmenbuch Dietrich Mateschitz und die Servus Medien GmbH, die früher unter den Namen Red Bull Media House TV GmbH und Red Bull TV GmbH firmierte. Sie gehört dem Red Bull Media House, 100-Prozent-Tochter von Red Bull.

Die Stiftung hat ihren Sitz in Elsbethen-Glasenbach (Salzburg) und wurde erst am 16. März 2017 eingetragen. Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist Red-Bull-Gründer Mateschitz, zudem im Vorstand seine Red-Bull-Manager Volker Viechtbauer und Walter Bachinger. (red, 8.4.2017)