Peter Illetschko
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Wien – An diesem Samstag ging es um nichts weniger als um eine "tragende Säule der Demokratie": Als solche bezeichnete Edeltraud Hanappi-Egger, Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien, die Wissenschaft in der Schlusskundgebung des March for Science vor dem Wiener Naturhistorischen Museum. Die weltweit in mehr als 500 Städten organisierte Demonstration für die Freiheit der Wissenschaft als Grundlage für eine kritische, faktenorientierte Gesellschaft und für Demokratie fand auch in Wien statt – natürlich vor dem Hintergrund eines zunehmenden Populismus und einer Politik, die auf Gefühle setzt und kritisches, analytisches Denken nicht unterstützt. Laut Polizei gingen trotz kühlem Aprilwetter 1.600 Teilnehmer vom Sigmund-Freud-Park in der Nähe der Uni Wien durch die Innere Stadt zum Naturhistorischen Museum.

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Organisator Oliver Lehmann sprach gegenüber dem STANDARD von 2.000 und mehr Teilnehmern. Vor Ort waren zahlreiche Jungwissenschafter und -innen, aber auch die Prominenz der heimischen Forschungscommunity: IST-Austria Präsident Thomas Henzinger, Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny, die Stadtforscherin Katja Schechtner, Michael Stampfer, Chef des Wiener Wissenschaftsfonds WWTF, Reinhart Kögerler, Präsident der Christian-Doppler-Gesellschaft, die Mathematiker Walter Schachermayer und Harald Rindler, der Chemiker Nuno Maulide, die grüne Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer, ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer und Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Auch das Science Center Netzwerk war anwesend – mit Barbara Streicher und Margit Fischer, Frau von Altbundespräsident Heinz Fischer.

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Kreative Plakatideen

Teilnehmer dachten sich höchst kreative Plakate aus – auf diesen ging es darum, dass Science nicht silent (still) sein darf, dass man ein Hirn nicht mit Fake-News füttern sollte und um schlichte Basics wie 2 + 2 = 4, denn auch Fakten werden in der Gegenwart immer wieder gern angezweifelt. US-Präsident Donald Trump machte zum Beispiel den vom Menschen gemachten Klimawandel zur Glaubensfrage und verbreitete die Nachricht, Impfungen könnten schädlich sein.

Der Vienna March for Science am 22. April 2017.
derStandard.at

Bei der Abschlusskundgebung trat nicht nur eine Sauriernachbildung des Naturhistorischen Museums, sondern noch ein weiterer prominenter Wissenschafter auf: der Politologe Anton Pelinka, der an der vom Millionär George Soros finanzierten Central European University (CEU) in Budapest lehrt und forscht und von den Moderatoren Martin Puntigam und Elisabeth Oberzaucher als zur "Inneneinrichtung" der österreichischen Innenpolitik gehörend bezeichnet wurde. Die CEU ist wegen eines von Ungarns Präsident Viktor Orbán initiierten Gesetzes unter Druck geraten, die Schließung droht – weil Orbán das freie akademische Denken an der CEU missfällt.

Pelinkas Botschaft an die Bundesregierung

Pelinka sagte, er vermisse deutliche öffentliche Worte der österreichischen Bundesregierung. Er richtete daher an Kanzler Christian Kern (SPÖ), Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) Appelle, sich gegen diesen Angriff auf die wissenschaftliche Freiheit zu wenden. Etwas Derartiges dürfe in Europa nicht passieren. Orbán verletze damit die Grundrechte der EU, meinte Pelinka in seiner mit viel Applaus bedachten Ansprache.

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Zur Teilnahme am Wiener March for Science haben unter anderem die Allianz österreichischer Wissenschaftsorganisationen und das Wissenschaftsministerium aufgerufen, organisiert wurde er vom Verein Wien Wissen. Oliver Lehmann, WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger und Helga Nowotny, ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrats (ERC), sprachen von einem ersten Schritt, um den Wissenschaften mehr Anerkennung zu verschaffen. Nowotny sagte zum STANDARD: "Es wird ein Marathon." (Peter Illetschko, Andreas Müller, 23.4.2017)