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Um zu den Innovation-Leaders in der EU aufzurücken und mehr Unternehmen für Innovation zu begeistern, brauche es mehr als ein Mehr an Steuergeld, sagen Ökonomen.

Foto: dpa / Ingo Wagner

Wien – Die von der Regierung angekündigte weitere Erhöhung der Forschungsprämie (FP) von zwölf auf 14 Prozent ab 2018 hat es am Dienstag doch nicht in den Ministerrat geschafft. Sie sollte noch im April beschlossen werden, aber dem Vernehmen nach wurde die Maßnahme, über die zwischen SPÖ und ÖVP grundsätzlich einig sind, mit einer (noch zu findenden) Einigung der Koalitionspartner über die kalte Progression junktimiert.

Diese Zwangspause hat auch ihr Gutes. Sie verschafft Zeit, die vom Finanzministerium beauftragte Evaluierung der Wirkung der 2002 eingeführten und bis 2016 sukzessive auf zwölf Prozent erhöhten Forschungsprämie doch noch zu studieren.

Der Bericht von WPZ Research, KMU Forschung Austria und dem Institut für Höhere Studien (IHS) ist seit wenigen Tagen öffentlich, liegt dem STANDARD vor und enthält interessante Details. Die Prämie ist demnach insbesondere für jene Unternehmen wertvoll, die ihre Aktivitäten in Forschung und Entwicklung (F&E) vertiefen. Und für Start-ups, weil sie keine Gewinne schreiben müssen, um von der FP zu partizipieren. Die Basis an innovierenden Unternehmen zu verbreitern, also wenig F&E-affine Unternehmen auch zu F&E-Aktivitäten zu animieren, vermag die über Steuergutschriften auf Abgabenschuld gewährte Forschungsprämie hingegen kaum.

Beliebtes Steuerzuckerl

Dem Wirtschaftsstandort Österreich tut das Steuerzuckerl Forschungsprämie, die das Steueraufkommen 2016 um 527,7 Millionen Euro minderte, gut, attestieren die Evaluatoren. Sie lockt ausländische Firmen an. Von den sieben Big Players (mit einer Bemessungsgrundlage größer 16 Millionen Euro) gaben immerhin vier an, dass sie Teile ihrer Forschungsaktivitäten wegen der Forschungsprämie nach Österreich verlagert haben; fünf haben sogar Kompetenzzentren für bestimmte Forschungsbereiche eingerichtet. Insgesamt gaben bei der Befragung 144 von 1.067 Unternehmen an, F&E-Aktivitäten nach Österreich verlagert zu haben.

Tiefe statt Breite

Zu den "Innovation Leaders", also Schweden, Finnland, Dänemark, Deutschland und den Niederlanden an der F&E-Spitze, in der EU werde Österreich trotz der im Vergleich mit anderen Ländern inzwischen reichlich fließenden indirekten F&E-Förderung nicht aufschließen. Denn die Forschungsprämie wirke in die Tiefe statt in die Breite, wie im Bericht steht. Das heißt konkret: Forschungsorientierte Unternehmen werden weiterhin F&E betreiben, künftig vielleicht sogar verstärkt.

Begünstigt würden durch eine Anhebung der FP sogenannte "quick wins", also kurzfristige Erfolge etwa bei der Anhebung der Forschungsquote, heißt es im Bericht. Zwischen 2010 und 2015 wurden rund 10.400 zusätzliche hoch- bzw. höherqualifizierte Mitarbeiter eingestellt, gaben die befragten Betriebe an.

Wagniskapital fehlt

Für Unternehmen mit geringer Innovationsneigung hingegen werde die Prämie auch künftig kaum einen Anreiz darstellen, riskantere Investitionen einzugehen. Sie würden durch direkte Forschungsförderung besser bedient. Auch fehle es hierzulande am Umfeld. Besonders riskante private Grundlagenforschung etwa sei zu gering in österreichischen Unternehmen, und es fehle an Spitzenforschung und Risikokapital. Bei Wagniskapital belegt Österreich den wenig ruhmreichen 16. Platz in der EU.

Ein Spitzenplatz ist Österreich bei der Förderung unternehmerischer F&E sicher: Mit einem Anteil an indirekter F&E-Finanzierung von 32 Prozent (gemessen an der gesamten Fördersumme) wird es nur von Neo-Innovation-Leader Niederlande übertroffen, der 87 Prozent lockermacht. Führende Innovationsökonomien wie die Schweiz, Schweden und Deutschland fördern Betriebe diesbezüglich kaum. Wie hoch der Wert aktuell ist, geht aus dem Bericht nicht hervor. Denn Daten, in denen die Erhöhung der Forschungsprämie von zehn auf zwölf Prozent per 1. Jänner 2016 berücksichtigt sind, lagen für die Evaluierung noch gar nicht vor.

"Generöse Erleichterungen"

Bedenken haben Experten der OECD im Fall "generöser steuerlicher Erleichterungen" und auch hinsichtlich der Haushaltskonsolidierung mehrfach geäußert: Es bestehe die "Gefahr von Steuerbasiserosion und schädlichem Steuerwettbewerb". Die Länder mögen deshalb ein verstärktes Augenmerk auf die Kosteneffizienz dieser Maßnahmen legen und vor allem regelmäßige Evaluierungen durchführen.

Ein Hauptproblem gibt es bei all den Vorteilen und Risiken: Man weiß noch nicht, was die Erhöhung der Prämie ab 2016 bewirkt hat – und schon steht die nächste Erhöhung vor der Tür. Wie überhaupt die Datenlage in der EU eine schlechte ist.

Wohl auch deshalb gibt es seitens der Studienautoren von WPZ Research, KMU Forschung Austria und IHS keine Empfehlung an die politischen Entscheidungsträger hinsichtlich der von der Industrie massiv befürworteten Anhebung der Prämie. Die fortgesetzte Subventionierung der F&E in Österreich sei zielführend, um Rückstände aufzuholen, heißt es lapidar. "Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass bestimmte Instrumente wie die Forschungsprämie ausgeweitet werden sollen." (Luise Ungerboeck, 26.4.2017)