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Gegen Gebärmutterhals können sich junge Mädchen mit impfen. Jetzt wurde ein neuer HPV-Impfstoff entwickelt.

Foto: epa/Mick_Tsikas

Wien – Bei manchen Infektionen klettern die Erkrankungsraten wieder in die Höhe – und das trotz vieler Anstrengungen um einen verbesserten Impfschutz. Das wird aktuell in vielen Ländern beim Keuchhusten beobachtet. Neue Vakzine könnten eventuell einen besseren Effekt bringen, hieß es bei einem Symposium in Wien.

Die Veranstaltung hatte die neu gegründete Österreichische Gesellschaft für Vakzinologie unter der Wiener Spezialistin Ursula Wiedermann-Schmidt gemeinsam mit der MedUni Wien organisiert. Anlässlich der Internationalen und Europäischen Impfwoche (bis 29. April) fand in diesem Rahmen auch eine Podiumsdiskussion über verbesserte Impfstrategien statt.

Prophylaktischer Keuchhusten-Impfstoff

Camille Locht vom Institut Pasteur im französischen Lille verwies auf die Notwendigkeit neuer prophylaktischer Keuchhusten-Vakzine: "Der heute in ganz Europa eingesetzte azelluläre Pertussis-Impfstoff schützt vor der Krankheit, nicht vor der Infektion." Asymptomatische Infektionen würden wohl für einen Großteil der in einigen Ländern beobachteten zunehmenden Verbreitung der Erkrankung verantwortlich sein.

Weltweit fordert der Keuchhusten pro Jahr zwischen 200.000 und 400.000 Todesopfer bei insgesamt rund 16 Millionen Erkrankungsfällen. Es gäbe Hinweise darauf, dass die Krankheit trotz aller Impfbemühungen eine Renaissance erlebe. In den USA wurden beispielsweise in den 1980er-Jahren pro Jahr nur um die 2.000 Fälle registriert. 2012 waren es hingegen wieder um die 50.000. 2014 wurden in Österreich vier Erkrankungen pro 100.000 Einwohner registriert, 2016 waren es bereits 14 je 100.000 Einwohner. 2014 waren in Österreich insgesamt 339 Fälle gemeldet worden, 2016 waren es 1.165 Erkrankungen.

Locht und ihr Team arbeiten seit Jahren an der Entwicklung einer aus abgeschwächten Pertussis-Erregern bestehenden Vakzine, welche als einfacher Nasenspray appliziert werden kann. Nach einer Erprobung an Pavianen und in anderen Tiermodellen gelang es auch durch eine entsprechende Dosierung, in einer frühen Phase der klinischen Prüfung an Probanden eine Bildung von schützenden Antikörpern bei bis zu um die 90 Prozent der Probanden nachzuweisen. Mit größeren Wirksamkeitsstudien soll der Beweis eine schützenden Effekts gegen Infektion und Erkrankung durch die Pertussis-Erreger erbracht werden.

Vakzine gegen HPV-Infektionen

Eine klinische Studie zur Sicherheit einer breiter wirksamen und einfacher produzierbaren Vakzine gegen HPV-Infektionen (Human Papilloma Viren), die hinter faktisch allen Fällen von Gebärmutterhalskrebs und viele Karzinomen des Genitaltraktes und im HNO-Bereich sowie hinter Haut- und Genitalwarzen stecken, soll mit einem in Wien neu entwickelten Impfstoff im Jahr 2018 starten. Dies erklärte der Wiener Immundermatologe Reinhard Kirnbauer, der 1992 im Rahmen eines Studienaufenthaltes in den USA mit der Schaffung von Virus-like-particles mit dem HPV-L1-Kapsid-Protein (Kapsid – die Proteinhülle um die Virus-Erbsubstanz) die Basis für die derzeit weltweit angewendeten HPV-Vakzine geschaffen hat.

Der Trick von Kirnbauer und seinem Team an dem Projekt: Sie nutzten die bestehende Technik und bauten in die Virus-ähnlichen Partikel das L2-Kapsid-Protein von HPV ein. Es findet sich 360 Mal auf einem dieser Partikel. Das L2-Protein löst zwar als Impfstoff-Antigen eine schwächere Immunantwort als das L1-Protein aus, doch es führt zu einer viel breiteren und deutlich mehr HP-Viren umfassenden Immunantwort als selbst der modernste verfügbare Impfstoff zum Schutz vor neun HP-Virus-Varianten. Damit ließen sich die an sich bereits hohen Schutzraten noch einmal verbessern. Außerdem wäre die Produktion einer solchen Vakzine einfacher. Die Mediziner und Medizinerinnen rund um Kirnbauer haben mittlerweile rund fünf Millionen US-Dollar an Unterstützung durch die nationalen US-Gesundheitsinstitute für ihre Forschungen erhalten. (APA, 27.4.2017)