Vorbild Natur: Die Blasenkirsche sieht aus wie ein menschliches Herz. Bei Virusinfektionen ist auch der Herzmuskel anfällig für Entzündungen. Im schlimmsten Fall nimmt er Schaden.

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Wien – Nicht jede Erkältungskrankheit hat sich in ein paar Tagen erledigt. Eine nicht vollständig auskurierte Influenza etwa kann Infektionen hervorrufen, die letztlich gefährlicher sind als die Grippe selbst. Wenn die Viren auf das Herz übergreifen, spricht man von "verschleppter Grippe" und meint damit eine durch Influenzaviren ausgelöste Myokarditis, also eine Herzmuskelentzündung.

Das Gemeine daran: Die Symptome sind zu Beginn eher unspezifisch und gleichen jenen von Infekten. Was mit körperlicher Abgeschlagenheit, Fieber und Atemnot beginnt, kann bis zum kardiogenen Schock reichen – ausgelöst durch Pumpversagen des Herzens. Stellt der Arzt die Diagnose Myokarditis, heißt das für den Patienten sich körperlich zu schonen, jede Anstrengung zu vermeiden und zu Beginn der Erkrankung sogar strikte Bettruhe einzuhalten.

Die gute Nachricht: Eine grippebedingte Herzmuskelentzündung ist ein eher seltenes Ereignis und kann, wenn rechtzeitig erkannt, ohne bleibende Folgen ausgeheilt werden. Die schlechte Nachricht: Ob Jung oder Alt, Myokarditis kann alle betreffen und im schlimmsten Fall zu Herzversagen durch Kammerflimmern und damit zum Tod führen.

Kein Sport bei Infekten

"Eine Herzmuskelentzündung ist bei jungen, sportlich sehr aktiven Menschen nicht selten die Ursache eines plötzlichen Herztodes", sagt Florian Thalhammer. Er ist Facharzt für Innere Medizin und stellvertretender Leiter der Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien. Patienten und Patientinnen mit einer gesicherten Herzmuskelentzündung sollten daher drei bis sechs Monate warten, ehe sie sich wieder körperlich betätigen.

Thalhammer: "Sportliche Aktivitäten können erst nach Normalisierung der entsprechenden Befunde nach Rücksprache mit dem behandelnden Kardiologen langsam steigernd wiederaufgenommen werden." Wer sich davor schützen möchte, sollte Influenza immer sorgfältig auskurieren. Einen Infekt nicht zu verschleppen bedeutet mehr als drei Tage fieberfrei zu sein. Die Nachwehen können noch zwei bis drei Wochen nach Krankheitsende spürbar sein. "Solange ein Grippepatient sich körperlich nicht wirklich fit fühlt, sollten sportliche körperliche Belastungen vermieden werden", rät Infektiologe Thalhammer.

Von Virus zu Virus verschieden

Influenzaviren besiedeln die Atemwege. Doch wie gelangen die Viren in die Blutbahn und somit zu den Herzmuskelzellen? Die spezifischen Krankheitsvorgänge und Funktionsstörungen, die bei einer virusbedingten Myokarditis im Gange sind, seien noch nicht zur Gänze erforscht und teilweise auch virusspezifisch, so Thalhammer. Manche Viren schädigen den Herzmuskel direkt, andere lösen eine Herzmuskelentzündung durch autoimmunologische Prozesse aus.

"In Europa sind Infektionen, verursacht durch Entero- und Adenoviren, gefolgt von Parvovirus B19, also Ringelröteln, und Herpesviren wie Epstein-Barr-Virus oder Zytomegalievirus, die häufigsten Ursachen einer Herzmuskelentzündung", sagt Thalhammer. Prophylaktisch empfiehlt er eine jährliche Grippeimpfung. Und: Auch regelmäßiges Händewaschen und In-den-Ellbogen-Niesen, um die indirekte Virusübertragung zu vermeiden, würden helfen. (Christine Tragler, 8.5.2017)