Nach der Wahl in Frankreich feiert man den Sieg über Le Pen und dem klaren Ja zur EU.

Foto: APA/AFP/FRANCOIS GUILLOT

Die EU atmet auf. Emmanuel Macron wird neuer Staatspräsident der Grande Nation. Seine "En Marche"-Bewegung hat Marine Le Pen und den Front National mit einem mehr als eindeutigen Ergebnis geschlagen. Von einer wirklichen Chance für den Front National und Le Pen kann bei einem derart augenscheinlichen Abstand zwischen den beiden Kontrahenten nicht die Rede sein. Wie kann ein Newcomer ohne eine langjährig entwickelte Partei so klar gegen eine politische Institution wie Marine Le Pen und den Front National gewinnen?

Macron kommt nicht wirklich aus dem Nichts. Er war bereits Wirtschaftsminister in Frankreich und Mitglied der Sozialistischen Partei und konnte dadurch politische Erfahrung gewinnen. Dem ehemaligen Investmentbanker und Liberalen gelang es in kürzester Zeit eine politische Marke zu kreieren und große Teile Frankreichs trotz geringer Wahlbeteiligung hinter sich zu vereinen. Er stellte – beraten durch seine knapp 25 Jahre ältere Frau und einstige Französischlehrerin – eine Projektionsfläche und Identifikationsfigur für viele Franzosen dar. In Paris gelang es ihm sogar fast 90 Prozent der Stimmen zu erringen. Ein mehr als signifikantes und eindeutiges Ergebnis.

Emmanuel Macron stellt mit seinem politisches Profil, mit seinem Hintergrund als Investmentbanker und einer erfahrenen und reifen Frau an seiner Seite, ein neues und interessantes Gegenmodell zu Trump oder Putin dar. Es wird sich nun zeigen wie viele seiner Versprechungen er in die Tat umsetzen kann und ob es ihm gelingen wird, die EU gemeinsam mit Angela Merkel wieder auf einen guten Kurs zu bringen. Eines steht aber heute schon fest: Der Siegeszug des Rechtspopulismus ist zum Stehen gekommen.

Eindimensionaler Rechtspopulismus

Rechtspopulistische Parteien in ganz Europa – von der AfD in Deutschland über den Front National in Frankreich bis zur FPÖ in Österreich – haben eine elementare Schwachstelle. Es fehlt ihnen an inhaltlicher Bandbreite und an einem gewissen Charme, verbunden mit einer positiven Zukunftsperspektive, der für das Gewinnen einer wirklich breiten Masse in der Bevölkerung von Nöten ist. Nur gegen fremde Kulturen und Religionen oder die EU zu sein, ist zu wenig. Sie schaffen es nicht nachhaltig und in einer qualitativen Tiefe zumindest einen Teil der Vertreter aus Kunst und Kultur, der Wirtschaft und Industrie sowie aus der intellektuellen Elite für ihre Ideen zu begeistern. Dies liegt eben an einem fehlenden inhaltlichen und intellektuellen Spektrum.

Würde dieser kritische Punkt überschritten werden, würden auch Wahlen, wie jene in Frankreich, nicht mehr so klar und eindeutig ausgehen. So wie es momentan aussieht, sind die nationalen Kräfte an einer Grenze angelangt, die sie mit klassischen Mitteln und Methoden nicht überschreiten können. Im Gegenteil – sollten sie mit den alten Kochrezepten weitermachen, drohen sie langsam aber sicher zu stagnieren und sogar von neuen, kreativeren Bewegungen verdrängt zu werden. Genauso wie es übrigens auch den Altparteien ergeht.

Politik der Zukunft

Nur gegen etwas zu sein ist zu wenig. Wer es nicht schafft eine zumindest in der Grundtendenz positive Dynamik zu starten, was übrigens Donald Trump mit seiner "Make America Great Again"-Parole gelang, wird bei Wahlen nicht reüssieren. Gerade junge Wähler und Wählerinnen sehnen sich nach einer Zukunftsperspektive und Hoffnung nach Arbeit und einem sicheren Leben. Ob neue politische Kreationen nun links oder rechts der Mitte sind oder eine besondere Ideologie verfolgen, spielt anscheinend keine Rolle mehr.

Der 39-jährige designierte Präsident Frankreichs hat mit seinem Wahlergebnis eindrucksvoll bewiesen, dass wirtschaftlich schwierigen Zeiten, Terroranschlägen und einer nicht sonderlich beliebten EU zum Trotz, Hassparolen und das Spielen von Feindbildern zu wenig sind, um eine Richtungswahl zu entscheiden. Am Ende siegt die Sehnsucht nach Hoffnung und einer positiven Zukunft klar gegenüber Angst und dem an die Wand Malen von Horrorszenarien. (Daniel Witzeling, 8.5.2017)