Wien – Vor rund zehn Jahren wurde eine tödliche Bedrohung für den Eschenbestand in Österreich erkannt: Hymenoscyphus fraxineus, ein vermutlich mit asiatischen Eschenarten eingeschleppter Schlauchpilz. "Das Erhalten überlebensfähiger Populationen ist die einzige Möglichkeit, dem zu begegnen", sagte Thomas Geburek vom Bundesforschungszentrum für Wald. In einem Versuchsgarten bei Tulln wird genau daran gearbeitet.

Der Schlauchpilz führt normalerweise zum Absterben des gesamten Baumes. Das sogenannte Eschentriebsterben hat inzwischen in fast ganz Europa eingesetzt. Aktuell ist deswegen sogar der Donau-Auwald in Korneuburg gesperrt, da die toten, umstürzenden Bäume auch eine potenzielle Gefahr für Menschen darstellen.

Gezielte Suche

Doch es gibt Ausnahmen, denn einzelne Exemplare der verschiedenen heimischen Eschenarten können sich gegen den Schädling behaupten. Und das ist der Ausgangspunkt der vor zwei Jahren vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) gestarteten Initiative namens "Esche in Not". "Wir haben gute Chancen, die Esche langfristig zu erhalten", so Geburek.

Mit der Vorgehensweise, die etwa auf mehrfache Selektionsschritte setzt, befindet sich Österreich an vorderster Front im Kampf und den Erhalt der Baumart, so der Experte. Trotzdem werde der Bestand sicherlich auch weiterhin zahlenmäßig zurückgehen.

Ganz einfach gestalte sich die Rettungsaktion nicht, denn wenn man auch gesunde oder resistente Bäume in der Natur finde, so gebe es trotzdem keine eindeutige Antwort darauf, warum das so ist. Geburek: "Es ist nicht so, dass es zu hundert Prozent resistente Eschen gibt." Das bedeute wiederum, dass es für diese Krankheit auch keine hundertprozentig genetisch bedingte Toleranz gibt. Diese macht wissenschaftlichen Schätzungen zufolge 40 bis 60 Prozent aus. Denn zusätzlich ist ein beträchtlicher Teil der Resistenz durch Umweltfaktoren zu erklären: "An den verschiedenen Standorten gibt es etwa eine unterschiedliche Wasser- und Nährstoffversorgung", so Geburek.

Kontrollierte Bedingungen

Daher müssen zur Auslese der überlebensfähigen Eschen Pflanzen unter standardisierten Umweltbedingungen dem Schädling ausgesetzt werden – und das geschieht im Versuchsgarten bei Tulln. "Hier erzeugt man einen künstlichen, aber kontrollierten starken Infektionsdruck und stellt dann eine Rangfolge der Überlebensfähigkeit der Pflanzen auf", so der Wissenschafter. Von diesen wurde dann das Saatgut für den Anbau in Tulln geerntet. Für die "Resistenzprüfung" sei eine Anzahl von 50 bis 60 Nachkommen pro Mutterbaum vorgesehen, die noch dieses Jahr erreicht werden soll, womit man auf eine Population von bis zu 60.000 Eschen kommen wird.

Im nächsten Schritt müssten dann männliche "Paarungspartner" gefunden werden. Dazu müsse noch einmal der Standort der jeweiligen beernteten Mutterbäume aufgesucht werden, wo man im Umkreis den Pollenspender der resistenten Esche suchen muss. "Hat man einen Baum, der infrage kommt, nimmt man von diesem eine Probe, um einen 'Vaterschaftstest' zu machen", so Geburek. Dann erst kann man von den "Elternbäumen" mittels kleiner Astzweige endlich neue Jungbäume auf einer Erhaltungsplantage pflanzen, die dann später einmal resistentes Saatgut produzieren sollen. Letzteres wird laut dem Experten 15 bis 20 Jahre dauern.

"Es wird aber auch davor schon eine Zwischenlösung geben", so Geburek. Denn in zwei bis drei Jahren werden aus den kontrollierten Sämlingen in Tulln die besonders überlebensfähigen per Stecklingsvermehrung dupliziert und können so schon vorher wieder in das Ökosystem Eingang finden. (APA, 15.5.2017)