Die Aktivhäuser in Winnenden wurden mit einer Lärchenholzfassade ausgestattet.

Foto: Zooey Braun

Die einzelnen Module können übereinander gestapelt und miteinander verbunden werden.

Visualisierung: Werner Sobek

Das Modul in der blauen Lagune wurde mit einer großen Fensterfront versehen.

Foto: Blaue Lagune/Bill Lorenz

Ein einzelnes Modul besteht aus zwei bis drei Zimmern.

Foto: Blaue Lagune/Bill Lorenz

Winnenden/Wiener Neudorf – Teppiche hängen zum Auslüften über den Terrassengeländern, auf dem Rasen zwischen den Gebäudeeinheiten liegt Spielzeug, alle paar Meter wurden junge Bäume gepflanzt. Immer wieder unterbrechen Schreie von spielenden Kindern die Geräuschkulisse, bestehend aus einem leisen Staubsaugerbrummen, das aus einer der Wohneinheiten kommt, und Vogelgezwitscher.

Hier, am Rande des idyllischen Stadtteils Schelmenholz in der baden-württembergischen Kreisstadt Winnenden, steht seit wenigen Monaten ein Flüchtlingsheim. Das Besondere daran: Die Anlage ist ein Pilotprojekt des Unternehmens Aktivhaus. Entwickelt hat die modulare Leichtbauweise der Stuttgarter Architekt Werner Sobek gemeinsam mit dem Unternehmer Klaus Fischer. 20 der mit Lärchenholz verkleideten Einheiten wurden hier neben- und aufeinander gestapelt

"Wir wollten eine Bauweise entwickeln, die mit weniger Materialien auskommt und bei der weit weniger Müll entsteht", sagt Sobek. Im Aktivhaus werden, anders als bei Ziegelhäusern, keine Materialien untrennbar aneinandergeklebt, "alles ist gesteckt, gehakt oder angeschraubt". Die Einführung hochgradig industrieller Prozesse sei hierfür die einzige Option, "wenn Bauarbeiter bei Wind und Wetter im Schlamm stehen, kann man nicht von ihnen verlagen, dass sie auf den Millimeter genau arbeiten", sagt Sobek.

Expansion nach Österreich

Die Module bestehen aus österreichischem Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Das Aktivhaus folgt dem von Sobek entwickelten sogenannten "Triple Zero Prinzip": Das Gebäude verbraucht nicht mehr Energie, als es im Jahresdurchschnitt selbst aus nachhaltigen Quellen erzeugt (Zero Energy), es produziert keine Emissionen, etwa CO2 oder andere schädlichen Stoffe (Zero Emission), und es ist vollständig in den Stoffkreislauf zurückführbar (Zero Waste).

Was in Deutschland erfolgreich gestartet ist, kommt nun auch nach Österreich. Kürzlich wurde das Aktivhaus in der Blauen Lagune in Wiener Neudorf präsentiert und kann dort besichtigt werden.

"Wie bei einem Auto bestellt man sich eine Grundausstattung, also eine der drei Aktivhaus-Serien, und kann dann aus einer Reihe an Sonderausstattungen wählen, etwa eine von zehn Fassaden", erklärte Sobek bei der Präsentation. Aktivhäuser können sowohl als Einzelgebäude dienen, also etwa als Einfamilienhaus, oder als mehrgeschoßige Bauten. Der Grundriss eines Moduls lässt sich individuell gestalten, ist 45 bis 60 Quadratmeter groß und besteht aus zwei bis drei Zimmern. Die Kosten belaufen sich auf 1350 Euro pro Quadratmeter in der Grundausstattung, mit einer zweiten Etage und zusätzlicher Ausstattung steigt der Preis.

In zwölf Wochen fertig

Ein Aktivhaus wird laut Herstellerangaben in zwölf Wochen vollständig im Werk vorgefertigt und getestet. Währenddessen werden vor Ort Wasser- und Abwasserleitungen sowie Strom- und Internetanschluss verlegt. Weil die Module auf einem Schraubfundament stehen, kann das Aktivhaus nachträglich demontiert und an einer anderen Stelle wieder aufgebaut werden. Auch Nachverdichtung ist ein Thema: Ein Aktivhaus könne auf bestehende Häuser aufgesetzt werden, sagt Sobek. (Bernadette Redl, 19.5.2017)