Ökologisch, nachwachsend, recycelbar, behaglich – der Baustoff Holz wird mit vielen positiven Eigenschaften verbunden. Gerade deshalb erfreut er sich auch zunehmender Beliebtheit bei Architekten und Bauherren. "Bezogen auf die Gebäudeanzahl hat sich der Holzbauanteil in Österreich seit dem Jahr 1998 von 25 auf 43 Prozent gesteigert", erzählt Peter Sattler von Pro Holz, einer Arbeitsgemeinschaft der niederösterreichischen Holzwirtschaft.

(im Bild: mehrgeschoßiger Holz-Wohnbau in Wien-Liesing)

Foto: Bernadette Redl

Er ist an diesem Tag gemeinsam mit zahlreichen anderen Bau- und Architekturinteressierten unterwegs zu geglückten Holzbaubeispielen in Wien und Niederösterreich. Organisiert wurde die Exkursion vom niederösterreichischen Architekturnetzwerk ORTE. Erste Station: ein Wohnbau in der Breitenfurter Straße in Wien-Liesing. Schon beim Betreten des Komplexes fällt der Blick auf einen grünen Innenhof, der umgeben ist von einer weißen Putzfassade und Balkonen aus Holz. Hier bewahrheitet sich schnell: Der Baustoff Holz vermittelt Behaglichkeit.

"Unser Fokus war, einen Wohnbau aus Holz und keinen Holzbau zum Wohnen zu errichten", erzählt Architekt Martin Praschl von Praschl-Goodarzi Architekten. Der Komplex ist eines von wenigen mehrgeschoßigen Holzwohnhäusern in Wien. Auf 5123 Quadratmetern gibt es insgesamt 55 Wohnungen, einen Pensionistenklub und eine Kindergruppe, Bauherr war die Gewog. Bei der Umsetzung stand das Zusammenwohnen verschiedener Generationen im Mittelpunkt. Eine Herausforderung, so Praschl, seien die zwei stark befahrenen Straßen gewesen, an denen das Objekt liegt. Durch Laubengänge konnten die Wohnungen aber vor Lärm geschützt und gleichzeitig effizient erschlossen werden. Generell sei der Schallschutz bei Holz aber schwieriger als im Massivbau, so Praschl, "weil Holz einfach leichter ist".

(im Bild: mehrgeschoßiger Holz-Wohnbau in Wien-Liesing)

Foto: Bernadette Redl

"Muss man Holzfassaden nicht ständig streichen?", brennt es einem der Exkursionsteilnehmer bei der Begehung des Areals auf der Zunge. "Entweder man streicht es regelmäßig oder nie", antwortet Praschl, das sei Geschmackssache.

Und auch die Brennbarkeit ist Thema. Praschl erklärt: "Eine Mehrschichtwand kann man mit bis zu 800 Grad Celsius befeuern, bis sie überhaupt erstmal zu brennen beginnt."Das bestätigt auch Sattler: "Holz brennt zwar, aber kontrolliert. Es ist einer von wenigen Baustoffen, die man für den Brandfall genau berechnen kann. Außerdem bildet Holz, wenn es brennt, eine Kohleschicht, die isoliert, der Abbrand wird dadurch geringer."

(im Bild: Einfamilienhaus in Wolfpassing)

Foto: Bernadette Redl

Die nächste Station der Holzbauexkursion ist ein Einfamilienhaus im Ort Wolfpassing im Bezirk Scheibbs. Aus sägerauer Tanne wurde hier in Holzriegelbauweise ein Wohnhaus auf den Gewölbekeller eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes eines alten Vierkanters gebaut. Zum Garten hin ist das Haus durch Glasflächen offen, Ziel war es, viel Licht und Natur ins Haus zu holen. Geplant hat das Gebäude der Architekt Philipp Berktold aus Dornbirn. Auf den Einsatz fossiler Brennstoffe wurde verzichtet, gedämmt wurde mit Schafwolle, verputzt mit Lehm.

Nachhaltigkeit zeichnet auch den Baustoff Holz an sich aus, weiß Sattler: "Ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2, denn der Kohlenstoff aus der Atmosphäre wird im Holz gespeichert, der Sauerstoff steht uns Menschen zur Verfügung. Erst wenn Holz verrottet oder verbrennt, wird der Kohlenstoff wieder freigesetzt. Damit leistet Holz als einziger Baustoff einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz." Zudem wachse Holz ohne zusätzlichen Input, nur durch Licht und Wasser, nach.

(im Bild: Einfamilienhaus in Wolfpassing)

Foto: Bernadette Redl

"In Österreich entsteht Wald in der Größe von 5500 Fußballfeldern pro Jahr. Umgerechnet dauert es 40 Sekunden, bis Material für ein durchschnittliches Holzhaus gewachsen ist, das sind etwa 2160 Einfamilienhäuser pro Tag", rechnet Sattler anschaulich vor. Österreich habe also genügend Rohstoff, der für die Bauindustrie verwendet werden kann. Außerdem, und damit spricht er einen weiteren Vorteil an, falle bei der Verwendung von Holz als Baustoff kein Abfall an, "weil jeder Reststoff verwendet wird, etwa für Holzwerkstoffe".

Nach einer Betriebsführung in der Zimmerei Fahrenberger, die auf Holzbau spezialisiert ist, führt die Exkursion zum Haus am Venusgarten in Willendorf, es steht nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo 1908 das wohl bekannteste Fundstück Österreichs, die Venus von Willendorf, entdeckt wurde.

(im Bild: Haus am Venusgarten in Willendorf)

Foto: Bernadette Redl

Stefan Schauer hat ebendort das Bauernhaus, in dem er aufgewachsen ist, sanieren und adaptieren lassen, geplant von den Architekten Volker Dienst und Christoph Feldbacher. Das Haus wurde aufgestockt, im oberen Bereich moderner und loftartiger Wohnraum geschaffen. Richtung Norden öffnet eine große Glasfront den Blick ins Donautal. Bei der Holzart hat Schauer sich für Weißtanne entschieden, selbst der Boden im Wohnbereich wurde sägerau belassen. "Gehobeltes Holz ist kälter und härter, der sägeraue Boden ist so weich wie ein Teppich", erzählt der Hausherr. An die Splitter, die sich hin und wieder in die nackten Füße verirren, gewöhne man sich, sagt Schauer und lacht dabei. "Weißtanne verwittert in einem hellen Grauton, das gefällt mir sehr gut, mein Haus und ich, wir ergrauen gleichzeitig." Das Haus je zu streichen hat er nicht vor. Auch er sagt: "Es ist ein Irrglaube im Osten Österreichs, dass man Holz regelmäßig streichen muss." Auch um die Haltbarkeit seines Hauses macht er sich keine Sorgen: "Holz ist langlebig, viele alte Bauernhäuser beweisen das."

(im Bild: Haus am Venusgarten in Willendorf)

Foto: Bernadette Redl

In nur drei Tagen wurde das Haus am Venusgarten in Willendorf aufgestellt, erzählen Bauherr und Architekt, die Vorfertigung der Bauteile fand in Bregenz statt. "Das Planen hat deshalb etwas länger gedauert, aber dafür ging der Bau schnell", sagt Architekt Dienst bei der Führung. Bei Holzbauten sei das üblich, weiß auch Sattler: "Durch den hohen Vorfertigungsgrad ist der Planungsaufwand höher, die Zeit kann man in der Umsetzung aber wieder reinholen."

(im Bild: Weingut Högl in Spitz an der Donau)

Foto: Bernadette Redl

Nächster Halt der Exkursion ist das Weingut Högl in Spitz an der Donau. Vor zwei Jahren hat die Winzerfamilie hier neue Verkaufs- und Verkostungsflächen von den Architekten Ludescher+Lutz planen lassen, das Projekt wurde mit dem Staatspreis für Architektur ausgezeichnet. Dabei standen vor allem Raumklima und gute Akustik im Vordergrund. Und: "Das Gebäude sollte sich unterordnen, sich nicht präpotent in den Vordergrund drängen", sagt Josef Högl. Auch die Einbettung in die Natur war dem Bauherrn ein Anliegen. Und das gelänge wohl mit keinem anderen Baustoff besser als mit Holz. (Bernadette Redl, 24.5.2017)

(im Bild: Weingut Högl in Spitz an der Donau)

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