Innsbruck – In der Intensivmedizin gibt es laut Michael Joannidis, Leiter der Internistischen Intensivmedizin in Innsbruck, seit drei bis vier Jahren eine deutliche Entwicklung hin zur Personalisierung. In den vergangenen 30 bis 40 Jahren habe man sich hingegen mit der Schaffung von Standards beschäftigt.

Regina Oberthaler, Leitende Diplompflegerin der Internistischen Intensivstation, macht diese Entwicklung aus der täglichen pflegerischen Praxis heraus verständlich. Gegenwärtig stelle man sich auch die Frage, was den Patienten so alles ausmache. "Welche Gewohnheiten, Bedürfnisse oder auch welchen Beruf hat er", nennt sie Themenkomplexe, mit denen man sich zunehmend beschäftige. So schildert sie etwa das Problem mit einem Patienten, der tagsüber kaum ansprechbar war und nachts um 2.00 Uhr stets unruhig wurde. Oberthaler: "Dank dem Kontakt mit der Familie fanden wir heraus, dass der Mann Bäcker ist". Auch die Familie und vertraute Elemente wie Fotos oder die Lieblingsmusik bezöge man nunmehr verstärkt in den Pflegealltag mit ein.

Veränderten Zugang

Aus medizinischer Sicht skizzierte Joannidis den veränderten Zugang zur Intensivmedizin. Es ginge jetzt um "maßgeschneiderte Therapien" und auch darum, dass alles zunehmend so schnell wie möglich in Richtung "Normalbetrieb" ginge. Darunter wollte der Intensivmediziner das Faktum verstanden wissen, "dass es besser ist, die Patienten möglichst früh wach werden zu lassen und sie in ihre Behandlung nach Möglichkeit einzubinden". Auch die Angehörigen sollen seiner Ansicht nach verstärkt in den Behandlungsprozess integriert werden.

"Früher wurde mit großzügigem Einsatz von Breitbandantibiotika gegen lebensbedrohliche Infektionen angekämpft", beschreibt Joannidis den damaligen Berufsalltag. Heute hingegen sei es möglich, etwa mit Biomarkern, innerhalb von nur wenigen Stunden die Art der Infektion festzustellen und effektiv zu bekämpfen. Nicht nur der medizinische, sondern auch der technische Fortschritt erleichtert laut dem Leiter der Internistischen Intensivmedizin die Individualisierung. Früher sei etwa Lungenversagen automatisch mit künstlichem Tiefschlaf und mechanischer Beatmung gleichzusetzen gewesen. Heute sei man aber beispielsweise in der Lage, "Beatmungspläne" zu erstellen und verschiedene Techniken zum Einsatz zu bringen, wie Beatmung per Maske oder Tubus.

Der Thematik der Individualisierung wird sich auch die "Jahrestagung der deutschen und österreichischen Fachgesellschaften für internistische Intensivmedizin" in Innsbruck widmen, die vom 7. bis 10. Juni im "Congress Innsbruck" stattfindet. Am 7. Juni von 9.30 bis 16.00 wird darüber hinaus ein "Tag der offenen Tür" zum Thema Intensivmedizin ebendort über die Bühne gehen. (APA, 6.6.2017)