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Ephesos ist nicht nur ein Juwel der Archäologie, es ist als Weltkulturerbe auch Touristenmagnet.

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Wien – Nach dem abrupten Ende der österreichischen Ausgrabungen in Ephesos und Limyra im vergangenen Sommer heißt es für die heimischen Archäologen weiterhin warten und hoffen: Die türkischen Behörden haben für die aktuelle Grabungssaison noch immer keine Genehmigung erteilt. Trotzdem ist Grabungsleiterin Sabine Ladstätter optimistisch, dass es zu einer Wiederaufnahme der Forschungsarbeiten kommt.

"Wir sind noch immer Lizenzträger", hält die Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) im Gespräch mit dem STANDARD fest, "haben aber keine Arbeits- und Forschungsgenehmigung."

Wieso die türkischen Behörden denn nicht gleich auch die Grabungslizenz eingezogen haben? "Das müssen Sie die Türken fragen", meint Ladstätter und erklärt: Grundsätzlich sei auch von türkischer Seite der Wunsch vorhanden, dass die Forscher weiterarbeiten können. Es gehe nicht darum, Türen zuzuschlagen, sondern eher darum, einen Diskussionsprozess zu starten. Der Hintergrund für den Abbruch der Arbeiten sei im Versuch zu sehen, einen "unfreundlichen Akt" zu setzen, ist die Archäologin überzeugt: "Man darf nicht vergessen, dass Gastfreundschaft in der Türkei einen extrem hohen Stellenwert hat."

"Mein großer Wunsch wäre es ja, dass man die Wissenschaft aus der tagespolitischen Debatte herauslöst", sagt Ladstätter. Andernfalls wäre die heimische Forschung mittelfristig der Verlierer – andere Länder würden in der Region nicht mehr mit Österreich zusammenarbeiten, wenn die Durchführbarkeit von Projekten nicht mehr gewährleistet werden könne. Die türkischen Sanktionen sind rein gegen Österreich gerichtet: "Probleme haben außer uns nur die Holländer", sagt Ladstätter.

120 Jahre Forschung

Seit mehr als 120 Jahren wird Ephesos unter der Ägide österreichischer Archäologen erforscht. Nach diplomatischen Querelen mit der österreichischen Regierung hatte das türkische Außenministerium Ende August 2016 angeordnet, dass die Arbeiten in der antiken Metropole umgehend eingestellt werden müssen. Innerhalb kürzester Zeit musste das Grabungsteam laufende Projekte abschließen und die Ruinenstätte wintersicher machen.

Solche Situationen gab es in der langen Geschichte der Grabungen in Ephesos immer wieder: während der Weltkriege, aber auch während der Zypern-Krise. Und schon 1909/10 wurden die Grabungen ausgesetzt. Auslöser waren damals Rückgabeforderungen der Gastgeber, die sich über Ungerechtigkeiten bei der Fundteilung beklagten.

Projekt daheim

Auch wenn eine positive Wendung in der Causa noch längere Zeit ausbleiben würde, Österreichs Wissenschafterin des Jahres 2011 ist trotzdem nicht untätig. Im Görtschitztal in ihrer Heimat Kärnten will sie ein Forschungsprojekt starten, das sich mit der jahrtausendelangen Besiedelungsgeschichte des Tales befassen soll. Dort wurde schon in prähistorischen Zeiten Bergbau betrieben, im Römischen Reich war das Ferrum Noricum, das norische Eisen, berühmt.

Nebenbei setzt Ladstätter auch auf eine Beteiligung der Einwohner: Das Projekt soll tief in der Bevölkerung verankert sein und mit einem Citizen-Science-Konzept durchgeführt werden. Die Basis dafür bildet ein lokaler Kulturverein, der sich sehr für die Thematik einsetzt.

Auch Oral History soll dabei eine Rolle spielen: Zahlreiche Sagen handeln punktuell in der Region. Ladstätter sieht hierin die Möglichkeit, Bewusstsein für die Wertigkeit der eigenen Vergangenheit zu schaffen. Gerade in diesem Gebiet seien positive Impulse wichtig. Das Görtschitztal erlangte in der breiten Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren hauptsächlich durch den HCB-Skandal, die giftigen Altlasten eines Zementwerks, Bekanntheit. Das neue Projekt soll hingegen Möglichkeiten für einen Aufschwung im Kulturtourismus bieten. (Michael Vosatka, 20.6.2017)