Mehrstufenklassen, das Aufheben fixer Gruppenhöchstzahlen – das Schulpaket bringt mehr Freiheiten an den Schulen.

Foto: Emanuel Kaser

Wien – Es ist so weit. Die Bildungsreform kann mithilfe der Stimmen der Grünen am Mittwoch im Nationalrat beschlossen werden. Der Weg dorthin war schwierig und in den vergangenen Wochen durch zähe Verhandlungen geprägt. Schlussendlich konnten sich die Verhandlungspartner doch einigen. Bis die Reformen auch umgesetzt werden können, also in den Klassenzimmern ankommen werden, wird es aber noch dauern.

Die neuen Freiheiten der Schulleiter werden als Erstes an den Schulen spürbar sein. Mit Inkrafttreten des Pakets am 1. Jänner 2018 fallen rund 5.000 Schulversuche weg. Mehrstufenklassen, Projektunterricht, das Lockern der 50-Minuten-Unterrichtseinheiten oder auch flexible Gruppengrößen sind dann ohne Extrabewilligung und ohne bürokratischen Aufwand an allen Schulen möglich. Gerade bei der Aufhebung der Gruppengrößen gibt es aber nach wie vor Widerstand von Lehrergewerkschaft und Elternvertretern.

Schulzusammenschlüsse

Etwas länger dauern wird die Einrichtung von Schulclustern. Dabei sollen sich bis zu acht Schulen in räumlicher Nähe und mit einer Gesamtschülerzahl von maximal 2.500 Kindern zu einem Verband zusammenschließen können. Verwaltet werden diese Schulcluster vom Clusterleiter, der ausschließlich für die Verwaltung und Organisation der Schulen zuständig sein wird.

An den einzelnen Schulstandorten soll es weiterhin Schulleiter geben. Der Einsatz der Lehrer ist dann an mehreren Schulorten möglich. Der Plan dahinter ist, dass einerseits Lehrer nur noch die Fächer unterrichten sollen, in denen sie auch ausgebildet wurden, und andererseits, dass kleine Schulstandorte erhalten bleiben.

Freiwilligkeit

Grundsätzlich sollen diese Cluster freiwillig gebildet werden. Es sei denn, es handelt sich um eine Kleinstschule mit sinkenden Schülerzahlen. Erwartungen, wie viele Schulen diese Möglichkeit auch nutzen werden, gibt es im Bildungsministerium nicht. Genauso wenig, wie es Informationen gibt, welche Kleinschulen mögliche Kandidaten für einen nicht ganz so freiwilligen Zusammenschluss sind.

Als Kleinschulen gelten Schulen mit höchstens hundert Schülern. Bei den Volksschulen sind das immerhin mehr als 60 Prozent. Von den insgesamt 2.899 öffentlichen Volksschulen im Schuljahr 2015/16 hatten 1.746 maximal hundert Schülerinnen und Schüler, 35 Schulen hatten nur höchstens zehn Kinder. Bei den Neuen Mittelschulen (NMS) hatten 112 der 959 Schulen maximal 100 Schüler.

Schulerhalter gefordert

Für die Bildung eines Schulclusters von Kleinschulen sind die Schulerhalter gefordert. Da es sich bei diesen Schulen hauptsächlich um Volksschulen oder um NMS handelt, deren Erhalter die jeweiligen Gemeinden sind, sollen in einem ersten Schritt Gemeinden und Länder Überlegungen anstellen, wo diese Verbände in ihren Schullandschaften Sinn machen würden, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium.

An der weiteren Umsetzung des Pakets werde im Ministerium auf Hochtouren gearbeitet, durch die langwierigen Verhandlungen zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen sei hier noch viel zu tun. Fest stehe, dass es für die Gründung von Schulclustern einen geordneten Prozess braucht, der von Schulerhaltern, der jeweiligen Schulverwaltung sowie von den Betroffenen vor Ort gestaltet werden soll.

Ebenfalls einen begleiteten Prozess soll es für die Errichtung von Modellregionen für eine gemeinsame Schule bis zur achten Schulstufe geben. Vorarlberg hat sich bereits dazu entschlossen. 2015 wurde dafür ein konkreter Umsetzungsplan erarbeitet. Derzeit werde am pädagogischen Konzept gearbeitet, heißt es dazu seitens der Vorarlberger Landesregierung.

Genau geregelt sind im Schulpaket die Abstimmungsmodalitäten. Auch für die gemeinsame Schule gilt, dass Lehrer und Eltern darüber entscheiden. Bis auch dieses Schulmodell in den Klassenzimmern Realität werden kann, wird es dauern. In Vorarlberg rechnet man mit der Einführung der gemeinsamen Schule frühestens in acht Jahren. (Gudrun Ostermann, 28.6.2017)