Nierenkrebs lässt sich in vielen Fällen mit zielgerichteten Medikamenten gut behandeln, selbst wenn bereits Therapieresistenzen aufgetreten sind. Die Wahl des richtigen Medikaments ist dann allerdings entscheidend, um die Krebszellen erneut unter Kontrolle zu bringen.

Wissenschafter des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK), des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) analysierten in einer laufenden klinischen Studie bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenkrebs erstmals die Mutationsmuster vom Primärtumor und den Metastasen. Die identifizierten Muster sollen helfen, für jeden Patienten auch im fortgeschrittenen Stadium das richtige Mittel für die weitere Behandlung empfehlen zu können.

Therapie bei Metastasierung

Gefährlich ist Nierenkrebs vor allem, weil häufig Metastasen entstehen: Die Nieren gehören zu den Organen, die am besten durchblutet sind. Wuchernde Krebszellen verbreiten sich daher schnell über die Blut- und Lymphgefäße. "Metastasierter Nierenkrebs lässt sich heute bei vielen Patienten länger als bisher kontrollieren", erklärt Holger Sültmann, der mit seinen Mitarbeitern die genetischen Veränderungen in Krebszellen erforscht. "Auch wenn Resistenzen entstehen – was leider bei den meisten Patienten nach einer gewissen Zeit der Fall ist – lässt sich mit zielgerichteten Therapeutika gut gegensteuern, wenn das passende Medikament bekannt ist."

Mit der klinischen Studie MORE (Molecular Renal Cancer Evolution) wurde untersucht, welches Medikament das richtige ist, wenn sich der Krebs nach einer Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren nicht kontrollieren lässt. Mit der seit 2014 laufenden Studie untersuchen die Heidelberger Forscher die molekularen Veränderungen bei metastasiertem klarzelligem Nierenkrebs und die Entwicklungen von Resistenzen unter dieser zielgerichteten Therapie. "Wir haben erstmals das komplette genetische Profil von Metastasen bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom analysiert, die zuvor mit sogenannten Tyrosinkinaseinhibitoren behandelt wurden und darauf nicht mehr angesprochen haben", berichtet der Arzt und Wissenschaftler Grüllich.

Involvierte Gene

Tyrosinkinaseinhibitoren greifen gezielt in den Stoffwechsel der Tumorzellen ein und bremsen deren Wachstum und die Ausbreitung von Metastasen. Die ersten veröffentlichten Ergebnisse der MORE-Studie zeigten jetzt, dass Metastasen, die bei Patienten trotz der Behandlung auftreten, im Vergleich zum Ursprungstumor zusätzliche Mutationen in bekannten Krebsgenen anhäufen. Unter anderem in dem als "Brustkrebsgen" bezeichneten BRCA1, das auch an der Entwicklung von Eierstock- und Prostatakrebs beteiligt ist.

"Bei einigen dieser Krebsarten wird das Medikament Olaparib erfolgreich eingesetzt, um die Krebszellen an der DNA-Reparatur zu hindern und so in den programmierten Zelltod zu treiben. Das wäre prinzipiell auch bei Nierenkrebspatienten mit Mutationen im BRCA1-Gen denkbar", sagt Sültmann. Bevor Mutationsmuster der Metastasen als Bestandteil der Therapieplanung bei Nierenkrebs eingesetzt werden können, müsse man die Ergebnisse jedoch mit einer größeren Patientenzahl bestätigen, räumt Sültmann ein. Grüllich ergänzt: "Neben zielgerichteten molekularen Therapien müssen wir auch weitere Behandlungsmöglichkeiten, zum Beispiel eine Immuntherapie, in Betracht ziehen."

Originalpublikation:

Patient-specific molecular alterations are associated with metastatic clear cell renal cell cancer progressing under tyrosine kinase inhibitor therapy