Will Skandale künftig nur mehr auf der Bühne, nicht im Haus: Martin Kusej.

Heribert Corn

Seinem Ruf als Unangepasster blieb Martin Kusej bei seiner Verkündung als nächster Direktor des Wiener Burgtheaters treu. In ausgewaschener Jeansjacke über dem blitzblauen Hemd stand er neben Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), der sich freute, dass "der wichtigste Regisseur des Landes das wichtigste Theater des Landes übernehmen wird".

Nun endlich. Denn schon vor zehn Jahren galt der 1961 Geborene als Topfavorit für den begehrten Intendantenposten, Matthias Hartmann folgte 2009 aber Nikolaus Bachler nach. Von einem "kulturpolitischen Eklat" sprach Kusej damals und kündigte an, in Österreich nicht mehr inszenieren zu wollen. Zum Abschied gab's für Kusejs Weibsteufel an der Burg nicht seinen ersten Nestroy-Preis.

Ein kleines Ausholen konnte Kusej sich auch am Freitag nicht verkneifen. Von den Wiener Festwochen (postdramatische Sackgasse) über die Salzburger Festspiele (Abhängigkeit von Konzernen) bis hin zur FPÖ nannte er locker sprechend Namen, um seine Pläne für die Zukunft des Hauses und des Theaters an sich ex negativo zu umreißen. Letztere Haltung "gegen jeden rechten Populismus" sei wegen seiner Herkunft genetisch in ihm drin, begründete der Kärntner Slowene.

Ab 1978 studierte der Lehrersohn in Graz Sportwissenschaft und Germanistik, dann Musik und darstellende Kunst. Erste Inszenierungen entstanden ebendort und in Slowenien. Mit dem Bühnenbildner Martin Zehetgruber gründete er 1990 die Gruppe My friend Martin, sie arbeiten immer noch oft zusammen.

1993 zog es den passionierten Ex-Handballer erstmals für länger ins deutsche Nachbarland, da wurde er Hausregisseur in Stuttgart. 2005 und 2006 kehrte er als Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele heim. Seit 2011 leitet er das Residenztheater in München. Nicht nur die wichtigen Theaterhäuser und -preise des Sprachraums stehen heute auf seiner Habenseite, sondern auch Opernbühnen.

"Du hast die Wurzeln in Österreich ja nie aufgegeben", sei ihm in all der Zeit oft gesagt worden. Nun wird der Regieprofessor am Max-Reinhardt-Seminar ab 1. September 2019 zudem für fünf Jahre das heimische Nationaltheater leiten. Zehn Kandidaten wurde er vorgezogen, er habe sich nicht beworben, sondern wurde gefragt.

"Es ist eine leere Welt, die wir erschaffen, wenn wir uns nicht mehr um die Bildung der Seelen bemühen", verlautete er noch. Nicht immer einfach, aber mit Vision. (Michael Wurmitzer, 30.6.2017)