Gedeihliche Familien können Patchworkfamilien sein, glückliche Kinder können Pflegekinder sein oder adoptiert; ideale Eltern, zwei Mütter oder zwei Väter – verheiratet, verpartnert oder gar nicht rechtlich verbunden.

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Ob Religion, Rechtsstaat oder Freiheitsrechte in Zeiten des Terrorismus: Der deutsche Journalist Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung", widmet sich regelmäßig den großen Themen. Seine Analysen sind getragen von einer zutiefst menschenfreundlichen Haltung; geleitet von Vernunft und im besten Sinne des Wortes moralisierend. Prantl zwängt komplizierte Zusammenhänge nicht durch ein starres Welterklärungsraster, er urteilt im Kontext des Einzelfalls.

Kindheit – unsere erste Heimat

Nun hat Prantl ein lesenswertes Buch über Kindheit als "erste Heimat" vorgelegt. Darin versammelt er Kommentare, Essays und Vortragstexte aus den letzten Jahren. Der Band ist ein Plädoyer für die Familie, dabei weder konservativ noch reaktionär. Es geht Prantl nicht um die traditionelle Kleinfamilie aus Vater, Mutter, Kind als Wert an sich, den es um jeden Preis zu bewahren gelte. Er begreift Familie als soziales Verhältnis und nicht als biologisches. Entscheidend sei, dass Kinder und ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten in diesem Verhältnis gut leben können. Dafür brauche es klare rechtliche Rahmenbedingungen, die das Kindeswohl als Rechtsanspruch garantieren.

Zwei Mütter, zwei Väter

Für Prantl, der Richter und Staatsanwalt war, bevor er als Journalist zu arbeiten begann, können gedeihliche Familien Patchworkfamilien sein, glückliche Kinder können Pflegekinder sein oder adoptiert; ideale Eltern, zwei Mütter oder zwei Väter – verheiratet, verpartnert oder gar nicht rechtlich verbunden. Gute Familienpolitik müsse für die Vielfalt der existierenden Familienverhältnisse jenen rechtlichen Rahmen herstellen, der Kindern alle Chancen eröffnet, so Prantls Plädoyer. Im Moment orientiere sich das Familienrecht zu sehr an einem verschwindenden Familienkonzept; das raube vielen Mädchen und Buben eine Lebensumgebung, die sie stützt, schützt und stärkt.

"Eine gute Kindheit", notiert Prantl, "ist eine Kindheit, die getragen wird von der antiautoritären Autorität des Herzens." Das Herz für Kinder muss auch in jenen schlagen, die gesellschaftliche Visionen des Zusammenlebens in geltendes Recht gießen. (Lisa Mayr, 4.7.2017)