Herzschwäche-Patienten haben signifikant weniger Bakterien der Gattungen "Blautia" und "Collinsella" im Darm, so das Ergebnis einer Studie.

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Hamburg/Kiel – Herz und und Darmgesundheit sind miteinander verknüpft: So ist der Darm bei einer Herzschwäche schlechter durchblutet, die Darmwand verdickt und durchlässiger – dadurch können Bakterien ins Blut gelangen. Was die Wissenschaft noch weiß: Bei Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ 2 ist die Zusammensetzung der Darmbakterien verändert.

Nun haben Forscher am Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung in Hamburg und Kiel untersucht, ob und wie sich die Darmflora bei Patienten mit einer Herzschwäche verändert. Für ihre Studie haben die Wissenschafter Darmbakterien aus Stuhlproben von gesunden Personen und Personen mit einer Herzschwäche analysiert. Das Ergebnis: Bei Herzschwäche-Patienten kommen signifikant weniger unterschiedliche Bakterien im Darm vor als bei gesunden Kontrollpersonen. Zudem treten einzelne wichtige Bakterienfamilien seltener auf. Noch ist unklar, ob die Darmflora als Folge der Herzschwäche verändert ist oder ob sie eventuell auch ein Auslöser für diese Erkrankung sein könnte.

Mögliche Einflussfaktoren

"Natürlich beeinflussen verschiedene Faktoren die Zusammensetzung unserer Darmbakterien. Man weiß, dass sich die Darmflora eines Veganers, der anfängt Fleisch zu essen, innerhalb von drei Tagen verändert", erläutert Mark Lüdde vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.

In der aktuellen Studie wurden deshalb die Ernährungsgewohnheiten der Probanden vorher abgefragt. Veganer blieben in der Untersuchung bewusst unberücksichtigt. Für beide Probandengruppen wurden nur Menschen ausgewählt, die als Ernährungsstil "Mischkost" angegeben hatten.

Neben der Ernährung wirken sich auch Medikamente auf die Darmflora aus. Daher war es den Forschern wichtig, dass auch die Studienteilnehmer der Kontrollgruppe Arzneimittel eingenommen hatte, die Patienten mit einer Herzschwäche routinemäßig nehmen müssen. Antibiotika durften hingegen seit mindestens drei Monaten nicht verabreicht worden sein. Ebenso waren in beiden Gruppen Raucher vertreten. Alle Teilnehmer kamen aus derselben Region. Alter, Geschlechterverteilung sowie BMI waren in beiden Gruppen gleich.

Gute Bakterien

Das Fazit der Wissenschafter: Das beobachtete Muster der reduzierten Bakteriengattungen und -familien scheint charakteristisch für die Herzschwäche zu sein. Die Abweichungen zwischen gesunden Menschen und Herzschwäche-Patienten zeigte sich hauptsächlich durch den Verlust von Bakterien der Gattungen "Blautia" und "Collinsella" sowie durch zwei bislang unbekannte Gattungen, die zu den Familien "Erysipelotrichaceae" und "Ruminococcaceae" gehören.

In anderen Studien wurde etwa herausgefunden, dass das Vorkommen von "Blautia" Entzündungen eindämmt. Ebenso ist die Gattung "Faecalibacterium" mit entzündungshemmenden Mechanismen assoziiert.

Mögliche Erklärungsansätze

Da Herzschwäche von einer chronischen Entzündung begleitet wird, ist eine Hypothese, dass die Darmflora selbst die systemische Entzündung fördert. Allgemein nehmen Wissenschaftler zurzeit eher an, dass sich die Darmflora als Konsequenz aus der Herzschwäche verändert. Studienleiter Mark Lüdde hält es aber für plausibel, dass ein verändertes bakterielles Profil auch ein Risikofaktor oder früher Krankheitsmarker für die Herzschwäche sein könnte.

Für diese These spricht, dass ein Stoffwechselprodukt von Darmbakterien, das Trimethylamin-N-oxid (TMAO) kürzlich als ein unabhängiger Risikofaktor für die Sterblichkeit bei Herzschwäche-Patienten beschrieben wurde. (red, 4.7.2017)