Es steht der massive Verdacht im Raum, dass die Studie über die islamischen Kindergärten in Wien, mit der Sebastian Kurz seine Kritik an diesen untermauert hat, von Beamten seines Ressorts inhaltlich verändert wurde. Offenbar wurden Aussagen aus der Studie so zugespitzt, dass sie besser zur Argumentation von Kurz passten.

Das Ministerium und der Studienautor, der Islamwissenschafter Ednan Aslan, bestreiten diese Vorwürfe vehement. Es stimme wohl, dass die Studie von Beamten des Ministeriums intensiv überarbeitet wurde, das betreffe aber vor allem Satzzeichen und Rechtschreibfehler. Die vorgenommenen inhaltlichen Änderungen seien von Aslan selbst angeordnet worden. Auffallend ist jedenfalls, dass die Studie in der Überarbeitung an Schärfe gewonnen hat, dass kritische Aussagen verstärkt und relativierende Passagen aus der ursprünglichen Fassung herausgenommen wurden – bis alles gut in jenen Erzählstrang passte, mit dem Kurz seine Kritik an der Parallelgesellschaft, die in diesen Kindergärten geschaffen würde, vorträgt.

Veränderte Argumentation Aslans

Aslan selbst änderte seine Argumentation mehrfach. Vom Erstaunen darüber, wie massiv in seinen Text eingegriffen wurde, bis zur Festlegung, alle Änderungen seien von ihm angeordnet worden, sind mehrere Tage vergangen – und dazwischen lag die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen im Ministerium. Würde Aslan eingestehen, dass seine Studie manipuliert worden sei und er dies zugelassen habe, wäre seine wissenschaftliche Karriere beendet. Richtig ist aber auch, dass Aslan, der sich vehement gegen einen radikalen Islam stellt, gerade in seiner eigenen Glaubensgemeinschaft viele Feinde hat, die ihn mundtot machen wollen – und das wird jetzt versucht.

Studie zurechtgebürstet

Wer zahlt, schafft an. Das gilt offenbar auch für Studien, die von der Politik in Auftrag gegeben werden. Außenminister Kurz weist dies im aktuellen Fall von sich. Dennoch besteht der Verdacht, dass Aslan zumindest instrumentalisiert und seine Studie so zurechtgebürstet wurde, bis sich das Ergebnis politisch besser verwerten ließ. Das Ministerium argumentiert, man habe bei der Studie auf die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien achten müssen – deshalb die massive Überarbeitung mit fast 900 Änderungen. Das kann man glauben, muss man aber nicht. Letztendlich hat Aslan die Studie aber abgenommen und damit die Verantwortung dafür übernommen.

Kurz hatte jedenfalls ein Problem erkannt und angesprochen: In manchen islamischen Kindergärten fehlt es an Qualitätskontrollen, im schlimmsten Fall werden Kinder indoktriniert, von der Gesellschaft abgeschottet und mit einem politischen Islam vertraut gemacht, der den Grundwerten unserer Gesellschaft widerspricht. Das anzusprechen ist legitim, wichtig und für einen Politiker auch richtig. Da gehört gegengesteuert. Kurz hat allerdings versucht, damit Wahlkampf zu betreiben, er hat Stimmung gemacht, er hat einen Generalverdacht gegen islamische Einrichtungen ausgesprochen. Das gipfelte in der Forderung, die islamischen Kindergärten zu schließen.

Damit trägt Kurz nicht dazu bei, eine konstruktive und offene Auseinandersetzung mit diesem heiklen Thema zu ermöglichen, im Gegenteil. Er geht auf Stimmenfang, er befördert Vorurteile. Das kann nicht der neue Stil sein, den er in der Politik einfordert. Das schwächt auch die Glaubwürdigkeit seiner Argumentation, und es ist vor allem eines: nicht redlich. (Michael Völker, 5.7.2017)