Die Schwestern Jasmin und Regina Volgger (von links) haben sich 2016 selbstständig gemacht und das Modelabel Volgger Studio gegründet.

Foto: Andreas Waldschütz

Ihre Mode ist genderneutral – es gibt ein Design und zwei Passformen.

VOLGGER Studio

STANDARD: Wie lange verfolgen Sie schon den Traum vom eigenen Label?

Regina Volgger: Ich träume davon seit ich 13 Jahre alt bin und in der Schule das Wahlfach Mode und Design besucht habe. Dass meine Schwester Jasmin einmal mit mir diesen Traum verfolgen wird, war damals aber noch nicht klar.

STANDARD: Wie ist die berufliche Zusammenarbeit unter Schwestern? Vom Gründen mit Freunden wird ja eher abgeraten ...

Jasmin Volgger: Wir sind ein eingespieltes Team mit einer klaren Aufgabenverteilung. Regina kümmert sich um das Design und ich mich um das Management. Natürlich kann es in Stresssituationen mal zu kleinen Reibereien kommen, diese können dann aber auch sachlich wieder geklärt werden. Wir glauben, dass es sehr wichtig ist, Berufliches und Privates zu trennen. Daher versuchen wir auch, wenn wir uns privat treffen, nicht über die Arbeit zu sprechen. Sehr einfach ist das allerdings nicht, da beides ja schon etwas verschwimmt.

STANDARD: Viele Selbstständige sagen rückblickend, dass der erste Schritt der schwerste war. Wie sah dieser erste Schritt bei Ihnen aus?

Regina Volgger: Zuerst hatte ich die Designs im Kopf, die ich selber gerne umsetzen wollte. Dann kam aus heiterem Himmel eine Anfrage für die Teilnahme an einer Fashion Show und so wurde das alles dann relativ schnell in die Realität umgesetzt.

STANDARD: Warum fiel die Entscheidung für das eigene Projekt und gegen Mitarbeit bei größeren Unternehmen?

Regina Volgger: Gleich nach Abschluss meiner Ausbildung habe ich zwar bei größeren Unternehmen gearbeitet, allerdings war mir schon vorher klar, dass mich das nicht erfüllen würde. Mich reizt das Abenteuer. Ich wollte schon immer mein eigenes Projekt durchziehen, mein eigener Chef sein, eigene Entscheidungen treffen. Das hat natürlich alles seine Vor- und Nachteile, als Selbstständige trägt man eben auch sehr viel Verantwortung und ist oft auf sich allein gestellt.

STANDARD: Wie lief der Prozess des Gründens konkret?

Regina Volgger: Wider erwarten ging das dann doch recht rasch und unbürokratisch über die Bühne, allerdings ist da natürlich der Kostenfaktor, auf den man nicht vergessen sollte. Im Alltag einer Selbstständigen kommen immer wieder Überraschungen auf einen zu – die ein oder andere schlaflose Nacht gehört dazu. Es ist ein ständiger Lernprozess. Hier haben mir verschiedene Workshops und Seminare sehr geholfen, so konnte ich auch mein Netzwerk aufbauen.

STANDARD: Bei den Begriffen "Innovation" oder "Start-up" denken viele Menschen zunächst an Technologie oder Apps, weniger an Kunst, Kultur, Mode.

Regina Volgger: Die Förderungen im Bereich Innovation sind größtenteils auf Technologie ausgelegt, da müsste man schon einen Stoff neu erfinden, um dort eine Chance zu haben. Allerdings gibt es mittlerweile auch viele staatliche Förderungen im Bereich Kunst, Kultur und Mode, das freut uns.

STANDARD: Für die Finanzierung der Produktion der neuen Kollektion gibt es aktuell eine Crowdfunding-Phase. Warum haben Sie sich für diese Art der Finanzierung entschieden?

Jasmin Volgger: Crowdfunding ist eine großartige Möglichkeit mit zukünftigen Kunden in Kontakt zu treten, so natürlich auch die Bekanntheit des Labels zu steigern und seine Message zu vermitteln. Wir finden die Idee, dass Menschen für ein interessantes Projekt nicht nur spenden können sondern in unserem Fall eben direkt Kleidungsstücke aus unserer Kollektion vorbestellen können, spannend und die Kunden bekommen auch etwas für ihr Geld – sie werden außerdem Teil eines Projektes, dessen Umsetzung ohne die Mithilfe von Vielen nicht möglich wäre. Diesen Gemeinschaftsgedanken finden wir super.

STANDARD: Für Start-ups gibt es Inkubatoren, Fernsehshows, Business Angels – wie sieht die Finanzierung eines Modelabels ganz allgemein aus?

Jasmin Volgger: Hier spielen Förderungen eine große Rolle. In den letzten Jahren wurden die auch ausgebaut – das ist natürlich eine große Unterstützung. Man darf allerdings nicht darauf vergessen, dass auch bei Förderungen ein gewisser Prozentsatz an Eigenkapital einfließen muss. Das aufzustellen ist natürlich eine Herausforderung an der leider einige Menschen scheitern.

STANDARD: Wie bewerten Sie die Lage für heimische junge Designerinnen und Designer?

Regina Volgger: Auf dem heimischen Modemarkt hat sich gerade in den letzten Jahren viel getan. Sich als Selbstständige finanziell über Wasser zu halten ist aber sehr schwierig, daher haben sich einige ein zweites Standbein aufgebaut, um sich ein stetiges Einkommen zu sichern. Natürlich ist aber auch nicht jeder ein Unternehmertyp, das muss einem schon auch liegen.

STANDARD: Ihre Kollektion wird als genderneutral und nachhaltig beworben. Für beide Themen gibt es in letzter Zeit großes Interesse – auch Konzerne wie H&M bedienen ja seit längerem etwa die Nachhaltigkeitsschiene und drucken Shirts mit feministischen Parolen.

Jasmin Volgger: Den Gedanken zu "Gender Equal Fashion" hatte Regina bereits vor ein paar Jahren, konkret umgesetzt haben wir ihn nun erstmals mit unserer Core-Collection. Diese bricht mit dem klassischen Kollektionsdesign mit nur einer einheitlichen Kollektion. Bei uns gibt es ein Design mit zwei Passformen – für Frauen und Männer. Auch dem Thema Nachhaltigkeit und faire Produktion haben wir uns verschrieben, daher ist es uns ein großes Anliegen, dass wir nur mit Lieferanten und Produzenten innerhalb Europas zusammen arbeiten und persönlichen Kontakt zu allen pflegen.

Regina Volgger: Große Konzerne haben natürlich bemerkt, dass ihre Kunden immer bewusster und demnach auch skeptischer werden und springen daher auf den Zug dieser Nachhaltigkeitsbewegung auf. Das Thema Feminismus ist gerade in diesem Jahr sehr aktuell und groß, das finden wir wichtig und auch unterstützenswert. T-Shirts mit feministischen Sprüchen und Parolen liegen gerade im Trend, teilweise sind die Sprüche beziehungsweise Formulierungen aber leider etwas platt und werden zu kommerziellen Zwecken, nicht aber wegen der Message produziert beziehungsweise getragen.

STANDARD: Gibt es eigentlich einen Plan B, wenn es mit dem eigenen Label doch nichts wird, oder lautet die Devise "Gar nicht erst daran denken"?

Regina Volgger: Es ist immer wichtig, einen Plan B zu haben. Dieser würde sicherlich auch im Bereich Mode und Design liegen.

STANDARD: Was raten Sie anderen Menschen, die sich im Modebereich selbstständig machen wollen?

Regina Volgger: Zu Beginn steht natürlich immer eine Idee. Wenn es dann wirklich um die Umsetzung geht, raten wir dazu, sich ausreichend zu informieren und das Angebot an Kursen und Workshops wahrzunehmen. Hier kann man vieles, was rechtliche und finanzielle Fragen betrifft, mitnehmen. Sehr wichtig ist außerdem Networking, auch wenn das sehr anstrengend sein kann. Man weiß schließlich nie, wem man so begegnet und welche Türen sich auftun können. (Lara Hagen, 10.7.2017)