In seiner dritten Saison startet Lucas Auer im Deutschen Tourenwagen-Masters durch: "Am Anfang war ich überfordert".

Foto: imago/HochZwei

Lucas Auer in Siegerpose am Lausitzring. Der jüngste Fahrer im Starterfeld sorgt in seinem rosa Mercedes für Aufsehen in der DTM: "Ich verstehe immer besser, wie das Spiel abläuft."

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Wien – Lucas Auer will keinen Gedanken verschwenden. Schon gar nicht an mögliche Testfahrten in der Formel 1. "Wenn ich mich nicht voll auf die DTM konzentriere, werde ich dort ein paar Watschen kassieren", sagt der Tiroler. Dass der 22-jährige Rennfahrer überhaupt ins Gerede gekommen ist, hat gute Gründe. Nach Siegen in Hockenheim und am Lausitzring fehlen dem Mercedes-Piloten vom Team HWA in der Gesamtwertung des Deutschen Tourenwagen-Masters nur zwei Punkte auf den führenden Schweden Mattias Ekström. In seiner dritten Saison ist dem jüngsten Mann im Starterfeld endgültig der Knopf aufgegangen: "Die Lernkurve zeigt steil nach oben, ich habe meine Hausaufgaben gemacht."

2015 gab Auer sein Debüt in der DTM. Es waren nach Jahren im Kartsport und der Formel 3 die ersten Schritte in der großen Motorsportwelt. Und die waren beileibe nicht einfach. "Bis dahin hatte ich mich in jeder Rennserie schnell zurechtgefunden, hier war ich am Anfang total überfordert." In einem Feld gespickt mit Routiniers blieb Auer in seinem Mercedes zunächst nur die Freude an Teilerfolgen. Hier ein schneller Sektor, da ein gutes Training, am Ende Rang 23 in der Gesamtwertung unter 24 Fahrern. "Ein Lehrjahr", sagt Auer rückblickend. Ob ihm in der schwierigen Eingewöhnungsphase Zweifel kamen? "Nein, ich habe immer an meine Fähigkeiten geglaubt. Mein Leben ist Motorsport."

Unterwegs mit Lucas Auer zum Sieg am Lausitzring.
DTM

Auer ist gewissermaßen familiär veranlagt. Seine Mutter Claudia ist die Schwester des einstigen Formel-1-Rennfahrers Gerhard Berger. Nicht nur, dass der Onkel in den vergangenen Jahren mit Rat und Tat zur Seite stand, im Mai wurde Berger auch zum Vorsitzenden der DTM bestellt. Kein Wunder also, dass die beiden häufig im gleichen Atemzug genannt werden. "Das stört mich nicht, ich bin in diesem Umfeld aufgewachsen", sagt der Youngster und betont mit dem nächsten Satz seine Unabhängigkeit: "Ich treffe meine Entscheidungen. Ich bin Lucas Auer und gehe meinen Weg."

Nun also der Durchbruch in der DTM. Und die gilt nicht als schlechteste Auslage für die Formel 1. So sitzt etwa der Deutsche Pascal Wehrlein, seines Zeichens Champion 2015, in einem Sauber-Cockpit. Ist Lucas Auer ein ähnlicher Karrieresprung zuzutrauen? "Ja, er hat das Level. Seine Entwicklung ist beeindruckend, über das zu erwartende Maß", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff im Gespräch mit dem STANDARD. Der Fahrer selbst hat für die vermeintliche Leistungsexplosion eine Erklärung: "Hinter den Ergebnissen steht eine Entwicklung. Ich verstehe immer besser, wie das Spiel abläuft. Man muss das Fenster finden, in dem man seine Performance konstant abrufen kann. Am Anfang bin ich oft über mein Limit gegangen."

Testfahrten rücken näher

Seit Wochen hält sich das Gerücht, Auer würde Anfang August in Ungarn Formel-1-Testfahrten für Force India bestreiten. Bestätigen will das zwar niemand, aber manchmal lohnt es sich, eins und eins zusammenzuzählen. Das österreichische Unternehmen BWT, ein in Mondsee angesiedelter Hersteller von Systemen zur Wasseraufbereitung, unterstützt sowohl Auer als auch den Formel-1-Rennstall – beide rasen daher mit rosa Boliden. Mercedes liefert Force India zudem die Motoren. Die Konstellation ist, um es vorsichtig zu formulieren, günstig.

"Die Formel 1 ist das Ziel jedes Rennfahrers", sagt Auer, um sich gedanklich sofort wieder den Tourenwagen zu widmen. "Ich lerne mit jedem Rennen dazu." Ist der Titelgewinn in der DTM ein Thema? "Nein, ich mache mir keinen Druck." Aber ein Besuch beim Grand Prix in Spielberg am Sonntag wird sich für den Aufsteiger wohl ausgehen? "Was soll ich dort tun? Ich kümmere mich lieber um mein Auto." (Philip Bauer, 7.7.2017)