Durch die Ausschüttung von Dopamin werden Antikörper früher produziert, hat eine Studie gezeigt.

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Braunschweig – Damit der Mensch gesund bleibt, gibt es ein Programm gegen Eindringlinge. Gelangt ein Fremdstoff in unseren Organismus, werden Antikörper gebildet, die den Eindringling erkennen und bekämpfen. In speziellen Bereichen der Lymphknoten, sogenannten Keimzentren, werden diese Antikörper für eine möglichst spezifische Immunantwort gegen Krankheitserreger optimiert und die geeignetsten von ihnen selektiert.

Forscher vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und dem Braunschweiger Zentrum für Systembiologie (BRICS) entdeckten und simulierten nun einen durch den Neurotransmitter Dopamin gesteuerten Mechanismus in den Keimzentren des Menschen. Dabei konnten die Forscher einen fördernden Einfluss von Dopamin auf eine frühere und stärkere Bildung von Antikörpern feststellen.

Mäusen fehlt der Mechanismus

Eine über Neurotransmitter regulierte Antikörperbildung in den menschlichen Keimzentren ist bei Immunreaktionen gegen sich schnell vermehrende Erreger ein entscheidender Vorteil. Da der entdeckte Mechanismus bei Mäusen so nicht existiert, konnte er nicht anhand von Versuchstieren untersuchen werden.

Durch sein Immunsystem ist der menschliche Körper in der Lage, in einer Umwelt mit vielen Krankheitserregern zu überleben. Neben der angeborenen Immunität verfügen wir über ein lernendes System, das erst nach der Geburt in einem fein balancierten Zusammenspiel mit der Umwelt ausgebildet wird. Dringt ein Fremdstoff in den Körper ein, bilden spezialisierte Abwehrzellen, die B-Lymphozyten oder kurz B-Zellen, Antikörper-Moleküle dagegen.

Diese erkennen wiederum den Eindringling anhand seiner Strukturmerkmale der Antigene und bekämpfen ihn. Bindet eine B-Zelle mit ihrem Rezeptor an ein Antigen, produziert die Zelle direkt einen passenden Antikörper oder beteiligt sich an der "Gründung" eines Keimzentrums, in dem diese Antikörper weiterentwickelt und dann in größerer Menge produziert werden.

Ausbildungsstätten für Antikörper

"Die Keimzentren sind besonders interessant in der Infektionsforschung. Sie bilden die Ausbildungsstätten für Antikörper. Sie entwickeln sich im Verlauf einer Immunantwort in den Lymphknoten, in die verschiedene Arten von Immunzellen einwandern", erklärt Studienleiter Michael Meyer-Hermann vom HZI.

Im Keimzentrum findet eine Kooperation zwischen den B-Zellen und einem anderen Typ von Immunzellen, den T-Lymphozyten, auch T-Zellen genannt, statt: "Die aktivierten B-Zellen vermehren sich und diversifizieren ihre Antikörper durch Mutation. Durch Selektion in Interaktion mit den T-Zellen steigern die Antikörper ihre Affinität zu den Antigenen. Nur die effektivsten bleiben übrig. Diesen evolutionären Vorgang bezeichnet man auch als Affinitätsreifung", sagt Meyer-Hermann.

"Bislang ist die B-Zelle die einzige bekannte Zelle, die sich aktiv selbst mutiert und damit einen evolutionären Prozess innerhalb eines Organismus ermöglicht, der bei jeder Impfung ausgelöst wird", ergänzt der Experte. Während die B-Lymphozyten speziell gegen bestimmte Erreger oder schädigende Stoffe gerichtete Antikörper produzieren, erkennen T-Zellen die auf der B-Zelloberfläche präsentierten Antigene.

Raschere Aktivierung

Die enge Interaktion der T- und B-Zellen im Keimzentrum stand nun im Fokus der Studie. "Die Kontaktstelle zwischen den B- und T-Zellen wird auch als immunologische Synapse bezeichnet", sagt Meyer-Hermann. Aus vorherigen Studien war bereits bekannt, dass es Moleküle gibt, die im Gehirn und im Immunsystem unterschiedliche Funktionen haben.

Dopamin ist einer der bedeutendsten Neurotransmitter im Zentralen Nervensystem. Ziel der Untersuchung war es nun, den Einfluss des Neurotransmitters Dopamin auf die Keimzentrumsreaktion in menschlichen Tonsillen den Mandeln zu erforschen.

Das Ergebnis: T-Zellen schütten in den menschlichen Keimzentren Dopamin aus. Dadurch werden die für die Selektion von B-Zellen notwendigen Signale schneller aktiviert. Die durch Dopamin induzierte Signalkaskade dauert in B-Zellen menschlicher Keimzentren nur 30 Minuten. In Mäusen, bei denen dieser Dopamin-abhängige Signalweg fehlt, erstreckt sich die gleiche Signalkaskade über vier Stunden.

Mehr Antikörper produzieren

"Da es nicht möglich ist, die Auswirkungen am Menschen zu studieren, untersuchten wir bestimmte Fragestellungen mit Hilfe von Computersimulationen", sagt Michael Meyer-Hermann. Konkret wollten die Wissenschafter herausfinden, wie sich die Affinitätsreifung von B-Zellen im Keimzentrum durch den zusätzlichen Dopamin-abhängigen Signalweg verändert.

Die Forscher nutzten dazu ein mathematisches Modell zur Simulation einer Keimzentrumsreaktion, das mit zahlreichen experimentellen Daten validiert wurde. Anschließend wurden Keimzentren mit und ohne den Dopamin-abhängigen Signalweg simuliert.

"Unsere intuitive Schätzung, dass Antikörper früher produziert werden, bestätigte sich. Der unerwartete und deutlichste Effekt des Dopamin-gesteuerten Prozesses war eine stark erhöhte Menge von produzierten Antikörpern", sagt Meyer-Hermann. Das Fazit der Forscher: Eine schnellere Signalkaskade in B-Zellen beschleunigt den Output des Keimzentrums um 24 Stunden und steigert die Gesamtantikörpermenge deutlich. (red, 13.7.2017)