Forscher haben analysiert, wie viele Schritte Menschen weltweit täglich machen.

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Täglicher Fußweg im weltweiten Vergleich: Durchschnittliche Anzahl der Schritte pro Tag in ausgewählten Ländern.

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Es gibt Sprichwörter, die den Menschen zu mehr Gesundheit verhelfen sollen. "Sitzen ist das neue Rauchen" zählt etwa dazu. Damit soll der trivialen Aussage "Wir bewegen uns zu wenig" mehr Nachdruck verliehen werden. Schließlich wiegen die Menschen immer mehr – seit dem Jahr 2011 gibt es weltweit mehr übergewichtige als untergewichtige Menschen.

Forscher der US-Universität Stanford wollten nun herausfinden, warum Übergewicht und Adipositas in einigen Ländern verbreiteter sind als in anderen. Die fast schon banale Hypothese: Je weniger sich die Menschen bewegen, desto schwerer sind sie. Dazu wurden über drei Monate lang die per pedes zurückgelegten Wege von rund 720.000 Menschen in 111 Ländern untersucht. Die anonymisierten Daten stammten von Schrittzählern in Smartphones, Rückschlüsse auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Body-Mass-Index waren allerdings möglich.

Das Ergebnis der Studie: Durchschnittlich legte jeder Proband etwa 4.900 Schritte pro Tag zurück, wie die Forscher im Fachblatt "Nature" schreiben. Zudem konnte ein starker negativer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Schritte und der Verbreitung von Übergewicht und Adipositas gemessen werden.

Der Analyse zufolge ist Übergewicht in jenen Ländern ein geringeres Problem, in denen die Probanden täglich in etwa gleich viele Schritte zurücklegten. War der "Range" bei den Schrittzahlen dagegen besonders hoch, stieg auch die Wahrscheinlichkeit für einen hohen Anteil an adipösen Menschen. Das heißt je höher die Aktivitätsungleichheit in einem Land, desto mehr dickere Menschen leben auch dort. In den 46 Ländern mit den größten Datensätzen war die Zahl der Schritte bei den Frauen zudem jeweils signifikant geringer als bei den Männern.

Adipositas und Bewegung hängen zusammen

Der Studie zufolge sind die Menschen in Hongkong mit im Mittel 6.880 Schritten die fleißigsten Geher. In der Volksrepublik China kommen die Einwohner noch auf 6.189 Schritte pro Tag. Auch in Russland, Spanien, Japan, der Ukraine und China gehen die Menschen überproportional viel zu Fuß. Österreich und Deutschland liegen mit 5.351 bzw. 5.205 Schritten etwas über dem Durchschnitt.

Die USA landen mit etwa 4.774 Schritten täglich dagegen auf den hinteren Plätzen. Was die Rate an stark übergewichtigen und adipösen Menschen betrifft, liegen die US-Amerikaner hingegen an der Spitze. Am geringsten ist die durchschnittliche Schrittzahl in Saudi-Arabien mit etwa 3800. Ein weiteres Detail: Fast jede zweite saudi-arabische Frau gilt als adipös, etwa jeder vierte Mann ist stark übergewichtig. Nur in Indonesien herrscht mit rund 3.500 Schritten pro Tag eine noch größere Bewegungsarmut.

Von den Europäern haben die Ukrainer, Spanier und Schweden die strammsten Wadeln. Sie setzen täglich 6.107-, 5.936- bzw 5.863-mal einen Fuß vor den anderen. "Schweden hat eine der niedrigsten Raten bei Adipositas", kommentiert Studienleiter Jure Leskovec.

Stadtplanung ist gefragt

Die Forscher untersuchten zusätzlich, ob die Stadtplanung einen Einfluss darauf hat, wie viel sich die Menschen bewegen. Das heißt konkret: Setzen die Einwohner verstärkt auf ihre Kraft in den Beinen, wenn die Städte besonders fußgängerfreundlich sind – etwa durch ausreichend Gehwege, Parks, gut ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel und Infrastruktur?Unter diesem Gesichtspunkt wurden 69 Städte in den USA analysiert.

Es zeigte sich, dass die Städte, die Fußgänger fördern, auch den geringsten Unterschied bei der Bewegung aufweisen. "In fußgängerfreundlichen Städten neigen alle dazu, mehr Schritte pro Tag zu machen, egal ob sie männlich oder weiblich sind, jung oder alt, normalgewichtig oder übergewichtig", sagt Co-Autorin Jennifer Hicks.

Auf ähnliche Ergebnisse kamen Forscher bereits in einer 2016 im Fachjournal "Lancet" publizierten Studie: "Trotz des feuchten, subtropischen Klimas, das Menschen in der Regel körperlich weniger aktiv macht, zeigte Hongkong eine überdurchschnittliche Aktivität", so die Studienautoren. Ihre Begründung: Durch die sehr hohe Wohndichte und die gleichzeitig gute Verkehrsanbindung seien die Bewohner oft täglich zu Fuß unterwegs, um öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder Geschäfte in der Umgebung aufzusuchen. (gueb, 13.7.2017)