Dass bei der FPÖ Antisemiten zu Hause sind, wird niemanden überraschen. Ebenso ist hinlänglich bekannt, dass es bei den Freiheitlichen Rechtsextremisten und Rassisten gibt, dass es dort Leute gibt, die ein Naheverhältnis zum Nationalsozialismus haben, die Adolf Hitler zum Geburtstag hochleben lassen, die ausgewiesene Ausländerfeinde sind.

Mit dem Streben nach Regierungsverantwortung, dem Bemühen von Parteichef Heinz-Christian Strache, sich als staatsmännischer Politiker zu geben, und nicht zuletzt mit der Kandidatur des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl hat die FPÖ versucht, die antisemitischen, rassistischen und ausländerfeindlichen Tendenzen in den Griff zu bekommen. Funktionäre, die nicht mehr tragbar waren, wurden ausgeschlossen oder aus den vordersten Reihen zurückgenommen. Die meisten von ihnen kamen wieder. Und sie haben ihre Gesinnung kaum geändert, waren aber vorsichtiger in ihren Stellungnahmen.

Es war der Versuch, den "Narrensaum", den diese Partei hat wie keine andere in Österreich, etwas zurechtzustutzen. Von bedauerlichen "Einzelfällen" war die Rede. Die Liste dieser Einzelfälle ist allerdings lang und ergibt ein deutliches Bild.

Bewusstes Spiel mit antisemitischen Codes

Auch Jörg Haider hat immer wieder und sehr bewusst mit antisemitischen Codes gespielt. Das gehörte zum guten Ton in der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft, in der nach dem Krieg viele ehemalige Nationalsozialisten wieder eine politische Heimat gefunden hatten. Freilich nicht nur dort. Auch bei den Sozialdemokraten kamen viele "Ehemalige" unter, deren Gesinnung dort eine Zeitlang weiterlebte. Erst die Auseinandersetzung mit Bundespräsident Kurt Waldheim, der für die ÖVP angetreten war, schärfte das kollektive Bewusstsein im Umgang mit der Geschichte. Am wenigsten offenbar bei der FPÖ und ihren rechten Recken.

Freimaurer, Juden, Weltverschwörung

Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner, außenpolitischer Sprecher seiner Partei, fühlte sich bei einer Veranstaltung von Rechtsextremisten in Thüringen sehr sicher und unter seinesgleichen, als er den Verfassungsrechtler Hans Kelsen, Architekt der österreichischen Bundesverfassung, als "Hans Kohn" verächtlich zu machen versuchte. Freimaurer, Juden, Weltverschwörung, die drohende "Umvolkung" und "sogenannte Holocaust-Überlebende" – Hübner, der in seiner Partei als ministrabel gilt, ließ kaum ein Versatzstück aus der braunen Mottenkiste aus, um sein einschlägiges Publikum gebührend zu unterhalten. Die Parteiführung findet nichts Anstößiges daran und gibt sich vorerst mit seiner Erklärung zufrieden: Das alles sei gar nicht antisemitisch gemeint gewesen.

Das ist nicht nur ein Problem der FPÖ. Es ist vor allem auch ein Problem für jene Parteien, die eine Koalition mit der FPÖ für eine zukunftsträchtige Regierungsvariante halten. Christian Kern braucht den Wertekatalog der SPÖ gar nicht erst bemühen. Das geht mit sozialdemokratischen Grundsätzen und Ansprüchen nie und nimmer zusammen. Auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz sollte noch einmal genauer hinschauen, mit wem er hier eine Wende herbeiführen will. Wenn er den Anstand seinem Machtanspruch opfert, stellt er sich auf eine Stufe mit jenen, die er in die Regierung holt. Auch wenn das die taktischen Varianten von SPÖ und ÖVP einschränkt: Mit der FPÖ ist unter diesen Umständen keine Regierung zu machen. (Michael Völker, 20.7.2017)