Wien – "Böser Affe", der Schimpanse mit den Smaragdaugen, ist natürlich der harmloseste unter ihnen. Ein Clown von einem Affen, wie man sie im Kino jahrzehntelang als lustiges Einsprengsel benutzt hat, man denke nur an Cheeta aus Tarzan oder Herrn Nilsson aus Pippi Langstrumpf.

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Seltene Empathie zwischen Tier und Mensch: Orang-Utan (Karin Konoval) und Mädchen (Amiah Miller) aus "Planet der Affen: Survival".
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In Planet der Affen: Survival (War for the Planet of the Apes) handelt es sich um den letzten Überlebenden eines Zoos, der wie andere seiner Art nach dem Ausbruch eines Virus intelligenter wurde. "Böser Affe" nannten ihn die Menschen, als sich diese gegen die Primaten gerichtet haben. Den Namen hat der gedanklich etwas verknotete Geselle übernommen.

Mit dem von Steve Zahn (via Motion Capturing) famos verkörperten, selbstironischen Neuzugang ist man schon mittendrin im wahrscheinlich besten und klügsten Reboot Hollywoods dieser Tage. Nach Rise of the Planet of the Apes (2011) und Dawn of the Planet of the Apes (2014) kommt der dritte, wieder von Matt Reeves inszenierte Teil einer weiteren Steigerung gleich. Die Verquickung von zivilisationskritischen Motiven und ästhetischem Wagemut ist, zumal für einen Blockbuster von rund 150 Millionen Dollar Budget, wirklich erstaunlich.

Wo genau die Grenze zwischen Mensch und Tier noch verläuft, spielt nicht nur bei "Böser Affe" eine hervorgehobene Rolle. Affen handeln in der Saga meist moralischer. Der von Caesar (Andy Serkis), dem Anführer der Affen, gelenkte Stoßtrupp verfolgt jedoch kein edles Ziel mehr. Caesars Familie wurde vom Colonel (Woody Harrelson) ermordet, jetzt sucht der Affe Genugtuung und macht sich mit seinen engsten Getreuen und loderndem Hass in den Augen auf die Suche nach dem extremistischen Militär.

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Das klingt noch so, als würde sich der im Originaltitel angesprochene Krieg einlösen, doch Matt Reeves hat ganz anderes im Sinn. Planet der Affen: Survival nimmt nach einem Gefecht zu Beginn die Weiche in ein Endzeitdrama im Stile von Cormac Mc Carthys auch verfilmtem Roman Die Straße. Denn die Verfolgung des Colonels wird zu einer Reise durch ein märchenhaft versunkenes Land. Ein ehemaliges Skiressort gerät zum Beispiel zur melancholischen Erinnerung an die Verfehlungen des Menschen. Von diesen selbst finden sich einige Versprengte am Weg, die mit rätselhafter Stummheit geschlagen sind. Ein allein gelassenes Mädchen wird von den Affen unterwegs sogar aufgelesen.

Apokalyptische Stille

Mit solchen Umwegen durch entrückte, in ihrer Leere wieder schöne Natur, hat Reeves tatsächlich etwas von einer Nachzeit zu erzählen, und er tut dies äußerst visuell. Durch erstaunlich minimalen Musikeinsatz und wenige Dialoge (oft nur Körpersprache mit Untertitel) gewinnen vor allem die Figuren – Blicke, Gesten – an Präsenz. Keine Sekunde mehr überlegt man, wie viel davon aus dem Computer kommt: Komponiert ist es in postapokalyptischer Stille, eine winterfarbene Untergangsstimmung herrscht vor, in der dann schon ein plötzlich blühender Baum im Schnee wie ein hoffnungsvolles Himmelszeichen erscheint.

Unerwartet ist auch die Größenordnung der Verschiebung, die der Film in der Bewertung von Mensch und Tier durchläuft. Humanität, die sich immer auch an der Fähigkeit zu Empathie misst, ist hier nicht mehr auf der Seite der Menschen zu finden. Und je näher Caesar der Armee des Colonels rückt, desto ausdrücklicher demonstriert der Film dies auch in seiner Bilderpolitik.

Die Affen werden in einem Arbeitslager wie nackte Menschen missbraucht, auf Aufmüpfige wartet das Kreuz. Beim Morgenappell intonieren die Soldaten zu faschistischen Losungen auch die US-amerikanische Bundeshymne. Das mag zu ausdrücklich finden, wer will – im gegenwärtigen Klima eines sich sekündlich verhärtenden Nationalismus erzeugt es unheimliche Resonanz.

Zumal Matt Reeves all diese Zeichen in seine Neulektüre des Planet der Affen überzeugend einzubetten versteht. Während Woody Harrelson sich als Colonel "Kurtz" ("Ape-Calypse Now", steht auf einer Mauer) genüsslich den Schädel rasiert, läuft der Film in bester Manier eines Gefängnisausbruchsthrillers auf einen letzten Akt des Widerstands hinaus. Auf welcher Seite man steht, hat sich zu diesem Zeitpunkt des Films längst entschieden. (Dominik Kamalzadeh, 1.8.2017)