Keine strahlenden, dafür umso wärmere Aussichten: Es wird schwieriger als gedacht, die Zwei-Grad-Grenze nicht zu überschreiten.

APA/dpa/Julian Stratenschulte

Die Wahrscheinlichkeit beträgt 90 Prozent, dass sich die globalen Durchschnittstemperaturen bis zum Jahr 2100 im Vergleich zum Jahr 1850 um 2 bis 4,9 Grad Celsius erhöhen werden. Am wahrscheinlichsten sind 3,2 Grad mehr. Das ist (viel zu) viel.

Adrian Raftery/University of Washington

Prognosen zum Ausstoß des Treibhausgases CO2: Dunkel eingefärbt ist die Entwicklung innerhalb des Konfidenzintervalls von 90 Prozent, links pro Jahr und rechts kumulativ.

Adrian Raftery/University of Washington

Hamburg/Wien – Rechtzeitig zum Augustbeginn zeigt sich der Sommer von seiner heißesten Seite. Denn der Juli war vergleichsweise wenig rekordhitzeverdächtig. Er lag zwar um ein Grad Celsius über dem vieljährigen Mittel, schaffte es damit aber "nur" unter die 20 wärmsten der Messgeschichte. Aber der nächste Monat mit Rekordhitze kommt bestimmt – vielleicht wird es der August.

Im Alpenraum sind die Durchschnittstemperaturen seit Beginn der Industrialisierung im weltweiten Vergleich besonders stark gestiegen: Seit 1850 ist es um rund 1,5 Grad Celsius wärmer geworden, rund um den Globus betrug die Erwärmung etwa 1,2 Grad Celsius. Und geht es nach der internationalen Klimapolitik, dann soll es bis zum Ende des 21. Jahrhunderts nur mehr um 0,8 Grad wärmer werden – oder eben um zwei Grad seit 1850.

Die (hohe) Zwei-Grad-Grenze

Dadurch wären zahlreiche Folgen der globalen Erwärmung bestenfalls gemildert, nicht aber abgewendet. Die Gletscherschmelze wäre ebenso wenig gestoppt wie der Anstieg des Meeresspiegels. Dieser würde selbst nach einem vollkommenen Emissionsstopp noch für hunderte von Jahren weiterlaufen. Deshalb wurde im Übereinkommen von Paris, das 2015 beschlossen wurde und 2016 in Kraft trat, das noch ambitioniertere Ziel von 1,5 Grad Celsius festgeschrieben.

Selbst das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels ist eine Herausforderung: Die weltweiten Treibhausgasemissionen müssten bis 2050 um mindestens die Hälfte sinken, in den Industrieländern um 80 bis 95 Prozent, in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts wären die weltweiten Emissionen von CO2 zwingend auf null zu reduzieren.

Ungünstige Wahrscheinlichkeiten

Ein internationales Forscherteam um Thorsten Mauritsen (Max-Planck-Institut für Meteorologie) hat nun im Fachblatt "Nature Climate Change" noch einmal durchgerechnet, was alles getan werden muss, um diesen Grenzwert zu erreichen, und wie wahrscheinlich die Umsetzung der Maßnahmen ist.

Das Ergebnis der statistischen Analysen ist ernüchternd: Laut den Autoren beträgt die Wahrscheinlichkeit, die 1,5-Grad-Grenze zu erreichen, unter einem Prozent. Das Zwei-Grad-Ziel sei machbar – freilich nur mit erheblichen Anstrengungen auf allen Ebenen: bei der Bevölkerungsentwicklung ebenso wie bei der Reduktion der Treibhausgase.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Menschheit dazu aufraffen kann, liege bei fünf Prozent. Umgekehrt sei eine Erwärmung bis zum Jahr 2100 von zwei bis 4,9 Grad Celsius zu 90 Prozent wahrscheinlich. Am ehesten scheint aus heutiger Sicht eine Erwärmung um 3,2 Grad Celsius. (Klaus Taschwer, 31.7.2017)