Die Methoden von Genome-Editing können nicht nur dazu genutzt werden, Kühe ohne Hörner zu züchten oder ausgestorbene Arten wieder zum Leben zu erwecken. Genetisch designte Tiere könnten auch für medizinische Zwecke herangezogen werden. So manche theoretisch mögliche Manipulation ist in der Praxis aber höchst umstritten. Ein Überblick.

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Kühe ohne Hörner: Millionen von Kühen werden weltweit jährlich in einer schmerzvollen Prozedur enthornt. Der Hintergrund: Kühe mit Hörnern müssen einen größeren Abstand zueinander halten und brauchen daher größere Ställe, ergo steigen die Kosten für den Rinderhalter. Das Unternehmen Recombinetics in Minnesota nahm diesen Umstand zum Anlass, eine genetische Modifikation bei Kühen zu entwickeln, wodurch diesen erst gar keine Hörner wachsen. Selbiges könnte auch durch konventionelle Zucht erreicht werden – wenn auch mit höherem Zeitaufwand.

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Leuchtende Eier: Da nur Hennen für die Eierindustrie herangezogen werden können, ist es derzeit Usus, den männlichen Hühnernachwuchs nach dem Schlüpfen zu töten. Mittels Genome-Editing konnten Forscher Hühner derart manipulieren, dass die männlichen Embryonen in den Eiern leuchten, wenn sie von UV-Licht angestrahlt werden. Diese Eier könnten künftig aussortiert und etwa für die Impfstoffherstellung herangezogen werden – so würden nur weibliche Küken schlüpfen.

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Malariafreie Stechmücken: Durch die Methode Gene-Drive kann die Ausbreitung von bestimmten Genen in einer Population beschleunigt werden. Mit dieser Technik können etwa Stechmücken derart genetisch verändert werden, dass sie resistent gegenüber einem Parasiten sind, der für die Übertragung von Malaria verantwortlich ist. In ersten Labortests an der University of California San Diego wurde die Resistenz an 99,5 Prozent des Nachwuchses vererbt.

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Muskulöse Hunde: Das Protein Myostatin stellt in Körpern von Tieren und Menschen sicher, dass Muskeln nicht unkontrolliert wachsen. Mutationen oder das Ausschalten dieses Gens können daher das Muskelwachstum steigern. Auf natürlichem Weg gibt es so eine Mutation etwa beim niederländischen Texelschaf oder bei der Rinderrasse Weißblauer Belgier. Mittels Genome-Editing konnten Forscher bereits Schweine und Hunde zu Muskelpaketen machen – Erstere könnten als effektive Zuchttiere dienen, Letztere als kräftige Begleiter für Polizisten und Sicherheitskräfte.

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Optimierte Haustiere: Genome-Editing kann auch dazu eingesetzt werden, Haustiere noch stärker an die Bedürfnisse ihrer Halter anzupassen: Forscher arbeiten nicht nur daran, die Gene von Hunden, Katzen oder Hamstern in Bezug auf ihr Aussehen, ihr Verhalten oder ihren Körperbau zu analysieren, um sie entsprechend zu modifizieren. Auch die unter Züchtern beliebte Karpfenart Koi (im Bild herkömmliche Züchtungen) soll mit dem neuen Werkzeug gezielt in Farbe und Muster designt werden. Zudem entpuppte sich ein von chinesischen Forschern mit CRISPR gezüchtetes Minischwein, das umgerechnet für rund 1500 Euro erhältlich ist, als Verkaufsschlager.

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Kranke Affen: Nicht alle Eingriffe von Genome-Editing an Tieren sind deren Gesundheitszustand zuträglich. Als Modellorganismen für medizinische Studien werden etwa verschiedene Affenarten von Forschern gezielt krankgemacht. Dabei reichen die Krankheitsbilder von Immunschwäche, Adipositas, Krebs, Muskeldystrophie Duchenne bis hin zu neuronalen Störungen – alles zum Wohle der Menschen, die an solchen Krankheiten leiden, was das Leid der Affen freilich nicht schmälert.

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Ausgestorbene Mammuts: Menschen haben vielfach zur Ausrottung anderer Arten beigetragen. Durch CRISPR und Co haben Forscher nun aber die Werkzeuge in der Hand, mit denen möglicherweise das Gegenteil erreicht werden kann: ausgestorbene Arten wieder zum Leben zu erwecken. So arbeiten Wissenschafter der Harvard University derzeit daran, das Elefantenerbgut derart zu verändern, um dadurch Wollhaarmammuts zu erschaffen – oder zumindest kälteresistente Elefanten.

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Einhörner und andere Fabelwesen: Wenn CRISPR dazu verwendet werden kann, Kühe derart zu manipulieren, dass ihnen keine Hörner wachsen, wäre es dann nicht auch möglich, in das Erbgut von Pferden entsprechend einzugreifen, damit ihnen ein Horn wächst? Laut der Molekularbiologin und CRISPR-Pionierin Jennifer Doudna ist das keine vollkommen abwegige Vorstellung. Sie verweist auf Experimente an der Berkeley University, in denen an Krebstieren bizarre genetische Veränderungen vorgenommen wurden – etwa Krallen, die zu Beinen umfunktioniert wurden. Nach selbigem Schema könnten auch allerlei Fabelwesen kreiert werden – wenn auch mit großem Aufwand.

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Schweine als Bioreaktoren: Ein weiteres Anwendungsfeld der medizinischen Forschung sind genetisch veränderte Schweine. Indem diese genetisch "humanisiert" werden, könnten sie künftig gewissermaßen als Bioreaktoren herangezogen werden, in denen etwa menschliche Proteine für therapeutische Zwecke produziert werden könnten, deren Synthese im Reagenzglas zu komplex wäre. Erste Zulassungsverfahren laufen bereits. Manche Mediziner wollen sogar noch weitergehen und die vermenschlichten Schweine zur Quelle für Organe machen – Wartelisten für Spenderorgane könnten dann der Vergangenheit angehören. (Tanja Traxler, 7.8.2017)

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