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Die VOS Prudence durfte in Catania anlegen.

Foto: AP/Cesare Abbate

Rom/Wien – In vielen europäischen Medien – auch im STANDARD – wurde es vermeldet: Italien hat der im Mittelmeer tätige NGO Ärzte ohne Grenzen am Wochenende verboten, gerettete Flüchtlinge nach Sizilien zu bringen. Es wäre die nicht ganz überraschende Konsequenz dessen gewesen, was sich die letzten Tage ereignet hat. Ärzte ohne Grenzen gehört zu jenen Hilfsorganisationen, die vergangenen Montag ihre Unterschrift unter einen von Italien vorgegebenen Verhaltenskodex verweigert hatten. Als mögliche Sanktion wird in dem Regelkatalog eben auch eine Hafenblockade genannt.

Daraufhin verschärfte Rom den Druck auf die NGOs und drohte fast täglich mit Konsequenzen für jene, die sich dem Kodex verweigerten. Schließlich wurde ein Schiff der ebenfalls im Mittelmeer tätigen NGO "Jugend rettet" beschlagnahmt. 15 Crewmitgliedern wird Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen. Schließlich machte das Gerücht in Europa die Runde, auch gegen Ärzte ohne Grenzen werde ermittelt. Dies entpuppte sich aber genauso als falsch wie die Meldung über die Hafenblockade. Denn Montagmorgen konnte das Schiff VOS Prudence von Ärzte ohne Grenzen problemlos im sizilianischen Catania anlegen.

Kein generelles Recht auf Hafeneinfahrt

Die Einsatzleiterin von Ärzte ohne Grenzen, Annemarie Loof, hatte nach Ende der Verhandlungen zum Verhaltenskodex zum STANDARD gesagt, dass sie keine Hafenblockade oder sonstige Konsequenzen vonseiten Italiens erwarte. Rechtlich betrachtet wäre ein Sperren der Häfen für Italien aber möglich. Denn "es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf Zugang zu jeglichen Seehäfen", so der österreichische Völkerrechtsexperte Gerhard Hafner.

Unterdessen haben nach anfänglich zwei NGOs, Moas und Save the Children, auch zwei weitere der insgesamt neun im Mittelmeer tätigen Hilfsorganisationen den Verhaltenskodex unterzeichnet, und zwar Proactiva Open Arms sowie Sea-Eye. "Der Verhaltenskodex ist nicht besser geworden, aber wir wollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, unkooperativ zu sein", erklärte Hans-Peter Buschheuer von Sea-Eye gegenüber dem STANDARD die Entscheidung. Wichtig sei für ihn vor allem, weiter Leben zu retten. Nach Beratung mit den Anwälten der NGO habe man schließlich unterzeichnet, so Buschheuer, der meinte, dass auch eine mögliche Hafenblockade dabei eine Rolle gespielt habe.

Tausende zurückgebracht

Unterdessen hat die libysche Küstenwache seit Freitag insgesamt 1124 Flüchtlinge in ihren Hoheitsgewässern abgefangen und zurück nach Libyen gebracht, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Montag mit. Die EU und vor allem Italien arbeiten seit einigen Wochen verstärkt daran, die libysche Küstenwache zu stärken, um so die Flüchtlingsbewegungen über das Mittelmeer einzudämmen.

Allerdings warnen Menschenrechtsorganisationen immer wieder davor, die Menschen zurückzubringen. In libyschen Internierungslagern würden menschenunwürdige Bedingungen herrschen, heißt es. Auch eine EU-Delegation beklagte nach dem Besuch eines libyschen Camps die dortigen Verhältnisse für die Flüchtlinge. (Kim Son Hoang, 7.8.2017)