Trotz anhaltender Kritik gegen Präsident Nicolas Maduro finden auch Proteste seiner Unterstützer statt.

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Caracas/Washington– Dutzende Websites vor allem von Behörden sind in Venezuela Ziel einer Cyberattacke geworden. Ein Hackerkollektiv namens "The Binary Guardians" (etwa: Die Binären Wächter) griff am Montag unter anderem die Onlineauftritte der Regierung, des Obersten Gerichtshofs und der Wahlkommission an.

Auch private Unternehmen wie die Telekomfirma Digital waren betroffen. Mit ihrer Aktion wollten die Hacker eine bewaffnete Gruppe unterstützen, die einen Armeestützpunkt angegriffen hatte.

Etwa 20 Männer in Uniform hatten am Sonntag den Paramacay-Stützpunkt nahe der Stadt Valencia angegriffen. Zehn Personen waren nach Angaben der Regierung nach dreistündigen Kämpfen geflohen, nach ihnen lief am Montag eine "intensive Suche". Während Staatschef Nicolás Maduro ausländische Mächte für den Angriff verantwortlich machte, sprachen die Angreifer von einer "rechtmäßigen Rebellion" der Streitkräfte.

"Der große Diktator" auf der Regierungsseite

Die Hackergruppe zeigte auf Twitter, was sie auf die gehackten Websites gestellt hatte: eine Erklärung, in der der Angriff auf die Militärbasis unterstützt wurde, ferner ein Auszug aus Charlie Chaplins Film "Der große Diktator". "Unser Kampf ist digital", erklärten die Hacker. Sie riefen zugleich Regierungskritiker zu neuen Demonstrationen auf, um "unsere tapferen Soldaten" zu unterstützen.

Das oberste Gericht hat indes die Festnahme eines zur Opposition gehörenden Bürgermeisters angeordnet. Das Gericht gab die Entscheidung zur Festnahme von Ramon Muchacho, dem Bürgermeister des Bezirks Chacao in der Hauptstadt Caracas, am Dienstag bekannt. In dem Bezirk war es zu Massenprotesten gegen Präsident Maduro gekommen.

Uno-Kritik

Die Vereinten Nationen verurteilten noch kurz vor der Anordnung des Gerichts willkürliche Verhaftungen und exzessive Gewalt gegen Regierungsgegner in Venezuela. Das ging aus einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung des UN-Menschenrechtsbüros hervor, berichtet die spanische Nachrichtenagentur EFE. "Wir haben glaubwürdige Berichte über unmenschliche, grausame und erniedrigende Behandlung von Gefangenen durch die (venezolanischen) Sicherheitskräfte erhalten, die in manchen Fällen als Folter zu werten ist", sagte die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani. Es habe sich dabei nicht um Einzelfälle gehandelt, fügte sie hinzu.

Am Montag kamen in der Hauptstadt Caracas auch rund 2.000 Regierungsanhänger zusammen, um für die neue Verfassungsversammlung und Frieden im Land zu demonstrieren. Sie versammelten sich vor dem Kongressgebäude, in dem die Verfassungsversammlung berät, und forderten ein Ende der Oppositionsproteste.

Unruhen seit Monaten

Das ölreiche Land wird seit Monaten von Unruhen und einem Machtkampf zwischen Regierungslager und Opposition erschüttert. Ein neuer Höhepunkt war die Einsetzung einer verfassungsgebenden Versammlung, mit der Maduro laut Kritikern das Parlament ausschalten will, in dem die Opposition seit der Wahl vom Dezember 2015 über eine Zweidrittelmehrheit verfügt.

Das Parlament hat auf seiner offiziellen Seite auf Twitter am Montagabend ein Foto veröffentlicht, das eine Stürmung des von der Opposition kontrollierten Parlaments zeigen soll. Der Nachricht zufolge sollen Delcy Rodriguez, die Vorsitzende der konstituierenden Versammlung, und die Parlamentsabgeordneten Darío Vivas und Fidel Vásquez daran ebenso beteiligt gewesen sein, wie Oberst Bladimir Lugo Armas von der Nationalgarde GNB. Auf der Parlaments-Website hieß es: "Das ist ein erneuter Angriff gegen die 14 Millionen Venezolaner, die uns am 6. Dezember 2015 gewählt haben; deshalb erneuern die Abgeordneten ihre Aussage, weiter für die venezolanische Verfassung, Institutionalität und Demokratie kämpfen zu wollen."

Die Mitglieder des neuen Gremiums sollen die Verfassung novellieren, die 1999 unter Maduros Vorgänger Hugo Chávez per Volksentscheid verabschiedet wurde.

USA planen schärfere Sanktionen

Wegen Maduros Festhaltens an der Verfassungsversammlung planen die USA eine Verschärfung der Sanktionen. Es würden neue Strafmaßnahmen gegen mehrere ranghohe Personen aus Maduros Umfeld vorbereitet, die noch in dieser Woche verkündet werden könnten, sagten Insider am Montag.

US-Amerikanern sollten Geschäfte mit diesen Personen verboten, ihre Vermögen in den USA eingefroren und ihnen Reisen in die USA verboten werden. Sanktionen gegen den Ölsektor werde es wohl noch nicht geben, um sich noch Spielraum für weitere Schritte vorzubehalten.

Die USA hatten kurz vor der Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung Ende Juli Sanktionen gegen 13 Venezolaner verhängt. Kurz nach der Wahl folgten Anfang August Strafmaßnahmen gegen Maduro direkt. Die USA, die venezolanische Opposition sowie mehrere südamerikanische Staaten werfen Maduro vor, mit dem Gremium seine Macht zementieren und eine Diktatur errichten zu wollen. Schon mit ihren ersten Beschlüssen nährte die Versammlung solche Befürchtungen, als sie am Samstag mit Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz eine scharfe Kritikerin Maduros entmachtete. Ihr soll der Prozess gemacht werden. (APA, 8.8.2017)