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Der Verfasser eines sexistischen Manifestes wurde von Google gefeuert.

Foto: AP/Marcio Jose Sanchez

Was für ein Aufsehen. Ein Google-Entwickler, der sich offenbar als Opfer sieht, goss seine Gefühle in ein "Manifest", das an die gesamte Google-Belegschaft ging. Darin führt er aus, warum er sich in einer "Meinungsdiktatur", einer "ideologischen Echokammer" wähnt, in der er nicht mal mehr sagen dürfe, dass Frauen nun mal von Natur aus schlechte Entwicklerinnen seien. Und dass in Wahrheit er selbst zu einer "diskriminierten Gruppe" gehöre, zu den weißen Männern. Er meint also ernsthaft jene Gruppe, die die gesamte Technologiebranche dominiert – und bekanntlich nicht nur die.

Gefährlicher Unfug

Der Manifest-Verfasser irrt also nicht nur darin, dass sein persönliches Empfinden, zu einer diskriminierten Gruppe zu gehören, objektiven Verhältnissen geschuldet ist. Er irrt auch darin, dass er seine sexistischen Vorurteile nicht äußern darf. Das darf er. Wenn er in seinem privaten Umfeld darüber sinniert, dass seinem Dafürhalten nach Frauen zu blöd für manche Jobs sind und Männer qua Geschlecht die Weltherrschaft verdienen, ist das zwar jenseitig – es ist allerdings vorwiegend sein Bier und das seines persönlichen Umfeldes. Wenn er so etwas aber in einem öffentlichen Schreiben behauptet, führt das zu Recht zu Problemen. Denn dann geht es alle an.

Was für eine "Meinung" ist das bitte schön, dass Frauen einfach "netter" seien, wie er behauptet. Und dass Männer besser strategisch denken können? Das ist alles schlichtweg Unfug, gefährlicher Unfug, der bis vor wenigen Jahrzehnten unsere Gesellschaft strukturiert hat – zum Nachteil für Frauen. Und wir kämpfen noch immer gegen diese Vorurteile. Diesen wieder zu alter Größe verhelfen zu wollen, trägt nicht zu einem vielfältigeren Diskurs bei, sondern verfrachtet ihn in die 1950er-Jahre. Statt sich darüber zu freuen, dass große Teile der Bevölkerung keine Ressentiments gegenüber Frauen, schwarzen Menschen, Lesben und Schwulen oder behinderten Menschen mehr akzeptieren, wird ständig – damit ist der Autor des Manifestes wahrlich nicht allein – "Meinungsdiktat" gebrüllt. Gar nicht wenige bei Google erkannten in dem Manifest ihre eigene Position wieder.

Argumente statt Ressentiments

Doch es gibt kein Meinungsdiktat. Allerdings gibt es den Anspruch zu argumentieren. Warum Frauenquoten unnötig sind oder warum man Initiativen für mehr Frauen in der IT überflüssig findet. Ist man gegen solche Maßnahmen, dann sollte man sich schon mehr überlegen als Ressentiments von vorgestern. Dass Frauen in bestimmten Branchen nicht reindürfen, ist nicht nur eine Meinung, sondern vielmehr Diskriminierung.

Ob es allerdings eine gute Idee war, einen Mitarbeiter zu kündigen, der sich ohnehin schon massiv benachteiligt fühlt, steht auf einem anderen Blatt. Google feuerte den Entwickler rasch nach Veröffentlichung des Manifestes. Sollte nicht vielmehr das Ziel sein, im Dialog zu bleiben? Damit manche nicht in eine selbstgezimmerte Realität verschwinden, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nichts gemein hat? Es stellt sich also die Frage, wer diese gesellschaftspolitische Aufgabe leisten soll. Google fühlt sich zumindest nicht zuständig. (Beate Hausbichler, 10.8.2017)