Baltasar Garzón will in Spanien weiter die Korruption bekämpfen.

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Dass man ihn "Tyrannenjäger" oder "Starrichter" nennt, war ihm stets unangenehm. Doch beides trifft auf Baltasar Garzón Real zu, den 1955 im andalusischen Bergdorf Torres als zweites von fünf Kindern eines Olivenbauern geborenen ehemaligen Untersuchungsrichter. Garzón besuchte erst Priesterseminare in Baeza und Jaén und studierte dann Jus an der Universität von Sevilla.

1988 kam er über Provinzgerichte an den Madrider Nationalgerichtshof, wo er sich dem Kampf gegen die baskische Terrororganisation Eta widmete, deren Morddrohungen er trotzte, und von wo aus er Galiciens Kokainkartelle zerschlug.

Nach einem Intermezzo 1993/94 als sozialistischer Abgeordneter und Staatssekretär nahm er sich, enttäuscht vom zahnlosen Vorgehen des Staates gegen Korruption, des Staatsterrors unter Ex-Premier Felipe González durch die GAL (Grupos Antiterroristas de Liberación) an.

Garzón galt über Jahrzehnte als Vorreiter in Sachen internationale Strafgerichtsbarkeit. Der Haftbefehl gegen Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet 1998 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit war Garzóns erster internationaler Coup und verschaffte ihm Medienpräsenz. Pinochet wurde von Scotland Yard festgenommen. Seine Causa zu den "Todesflügen" der argentinischen Militärjunta, die politische Häftlinge aus Flugzeugen werfen ließ, war seine wohl erfolgreichste. Sie führte zur Verurteilung des Marineoffiziers Adolfo Francisco Scilingo zu 640 Jahren Haft. Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden zitierte Garzón 2003 erfolglos vor Gericht. Auch die Causa wegen Folter im US-Gefangenenlager Guantánamo scheiterte bisher. Er engagierte sich auch als juristischer Berater von Wikileaks-Gründer Julian Assange.

In Spanien wurden Garzón seine Ermittlungen zum noch laufenden "Gürtel" -Korruptionsfall im rechtskonservativen Partido Popular zum Verhängnis: Mit einem illegalen Lauschangriff überschritt er seine Befugnisse. Das Höchstgericht verurteilte Garzón 2012 zu elf Jahren Berufsverbot. Parallel wurde ihm aufgrund seiner Klage wegen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Franco-Diktatur der Prozess gemacht, er wurde aber freigesprochen.

Nun wagt sich der 61-jährige, verheiratete Vater dreier Kinder mit der Neolinkspartei Actúa noch einmal auf das Politparkett – mit dem Ziel, die Linke für "einen radikalen Wandel" zu einen. Und die Korruption zu bekämpfen. (Jan Marot, 10.8.2017)