Die U1-Züge werden vom Stephansplatz bis zur neuen Endstation Oberlaa 15,5 statt 14,5 Minuten brauchen.

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Wien – Die Wiener Linien zwängen sich in ein enges Zeitkorsett, um ihr zentrales Versprechen vor der Inbetriebnahme der verlängerten U-Bahn-Linie U1 zu erfüllen. Nach der Einweihung des neuen Streckenabschnitts am 2. September, so lautete das Ehrenwort, gelange man "vom Stephansplatz in nur 15 Minuten – statt wie bisher in 30 – nach Oberlaa", der neuen Endstation im Süden der Stadt.

Noch am Freitag wies die für den öffentlichen Verkehr zuständige Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) bei einer Pressefahrt auf die Zeitersparnis hin. Doch hinter den Kulissen wackelte der Zeitplan bis zuletzt.

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Seit Anfang August fahren ausgewählte U1-Garnituren nach ihrer Ankunft in der Noch-Endstation Reumannplatz testweise weiter bis Oberlaa. Dabei lassen sie gegenüber der bereits 2014 am Computer simulierten Fahrtdauer an jeder der fünf neuen Haltestellen wertvolle Sekunden liegen – selbst ohne ein- und aussteigende Passagiere. Aus dem Umfeld des Unternehmens heißt es, der virtuelle Zeitverlust könne sich in der Praxis auf bis zu zwei Minuten pro Abschnitt summieren.

In einer dem STANDARD vorliegenden Betriebsanweisung steht dazu: "Im Rahmen des laufenden Probebetriebs hat sich herausgestellt, dass die vorgesehene Fahrtzeit für den Streckenabschnitt RP-LO (Reumannplatz bis Oberlaa, Anmerkung) nicht ausreichend ist. Die Fahrtzeit wird daher in den zukünftigen Fahrplänen angepasst."

Im Widerspruch zu dieser Vorgabe werde es keine Umstellung der Fahrpläne geben, sagt hingegen Wiener-Linien-Sprecher Daniel Amann. Auf Nachfrage erklärt er, dass die ursprünglich errechnete Fahrtdauer von 14,5 Minuten auf 15 Minuten aufgerundet wurde; nach den Probefahrten gehe man nun von 15,5 Minuten aus und runde schlicht auf 15 Minuten ab – so sei keine Adaption der Fahrpläne nötig.

Gefeiert wird in jedem Fall

Auch wenn ein Zug von Leopoldau bis Oberlaa und zurück dadurch zwei Minuten länger brauchen wird als noch im Juli angenommen und auch wenn sich diese zwei Minuten im Laufe eines Tages auf mehr als eine halbe Stunde je Zug kumulieren könnten, geht man im Unternehmen nicht davon aus, deswegen mehr Züge einsetzen oder Intervalle ändern zu müssen, sagt Amann.

Unabhängig vom Minutenzählen wird das 600 Millionen Euro teure und fünf Jahre währende Bauprojekt U1-Verlängerung am 2. September jedenfalls gefeiert. Bei den Stationen Altes Landgut und Oberlaa ist zwischen zehn und 18 Uhr ein Rahmenprogramm geplant; einige der für die gefühlte Sicherheit in den U-Bahn-Stationen gecasteten Bands treten auf, und an der 4,6 Kilometer langen Neubaustrecke ansässige Unternehmen dürfen sich präsentieren. Laut Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer "auch der unvermeidliche Eismarillenknödelhersteller, keine Frage". (Michael Matzenberger, 18.8.2017)