St. Johann am Walde – Schwere Unwetter haben in der Nacht auf Samstag die Einsatzkräfte zwischen Vorarlberg und Oberösterreich auf Trab gehalten und im Bezirk Braunau am Inn zwei Todesopfer gefordert. In St. Johann am Walde wurde Katastrophenalarm ausgelöst, nachdem eine Orkanböe die Aluminiumkonstruktion eines Festzeltes umgerissen hatte. Das Zelt, in dem sich 700 Besucher eines Feuerwehrfestes befanden, stürzte ein.

Zahlreiche Personen wurden unter der Plane begraben und von herabfallenden Trümmerteilen getroffen. Eine 19-jährige Frau und ein 28 Jahre alter Mann kamen ums Leben. Zumindest 120 Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt, davon 20 schwer. Die Verletzten wurden auf die umliegenden Krankenhäuser aufgeteilt. Die Staatsanwaltschaft ließ den Unglücksort sperren und nahm Ermittlungen auf.

"Unvorhersehbar"

Der Sturm sei "unvorhersehbar" gewesen, betonten Vertreter von Einsatzorganisationen in einer Pressekonferenz Sonntagmittag. Man habe die Wetterlage ständig über Internet beobachtet, so der Kommandant der Feuerwehr, die das Fest ausgerichtet hatte, Erich Feichtenschlager. Rückendeckung kam von Landesfeuerwehrkommandant Wolfgang Kronsteiner: Man sei "plötzlich in einem Katastrophenfilm gelandet". Er wolle den bereits angelaufenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht vorgreifen. Aber das Zelt sei TÜV-geprüft und für solche Veranstaltungen ausgelegt gewesen.

ORF

Großflächiger Stromausfall

Der Sturm, der an der Messstelle Reichersberg eine Windspitze von 126 Stundenkilometern erreicht hatte, führte zu großflächigen Unterbrechungen der Energieversorgung. Bis zu 150.000 Haushalte waren in Oberösterreich vorübergehend ohne Strom. Bis Sonntagmittag konnte die Stromversorgung fast ganz wiederhergestellt werden, teilte die Energie AG Oberösterreich mit.

In Bad Ischl (Bezirk Gmunden) wurde ein Zirkus-Zelt davongerissen, die darunter untergebrachten Tiere flüchteten und irrten im Ort umher. Nach einiger Zeit konnten die Ziegen und Ponys wieder eingefangen werden.

Im gesamten Salzkammergut wurden etliche Bäume vom Sturm geknickt. Im Weißenbachtal kollidierte ein mit fünf Insassen besetzter Pkw mit einem umgefallenen Baum. Die Beteiligten kamen laut Feuerwehr mit dem Schrecken davon.

Drei Verletzte in Salzburg

Zu Sturmschäden kam es in den Nachtstunden auch in Salzburg, Tirol und Vorarlberg. In der Stadt Salzburg wurden insgesamt drei Menschen verletzt. In der Altstadt lösten sich Gerüstteile, zwei Frauen wurden von Trümmern getroffen. Sie erlitten Rissquetschwunden im Gesicht. Im Stadtteil Wals wurde eine Plexiglasscheibe auf die Westautobahn geweht. Diese durchschlug die Windschutzscheibe eines Pkw. Der 19-jährige Lenker konnte sein Fahrzeug am Pannenstreifen anhalten. Die Splitter fügten ihm Verletzungen an beiden Augen zu.

Zwischen Salzburg-Nord und dem Grenzübergang Walserberg wurden etliche Bäume entwurzelt. Auch im Flachgau und Tennengau mussten umgestürzte Bäume von Straßen, Häusern und Autos entfernt und zahlreiche Dächer provisorisch abgedichtet werden. Nicht weniger als 364 Einsätze verzeichnete das Landesfeuerwehrkommando.

Durch einen schweren Sturm ist ein Festzelt in St. Johann am Walde im Bezirk Braunau am Inn in der Nacht auf Samstag eingestürzt.
Foto: APA/Manfred Fesl

Zugstrecke zeitweise unterbrochen

Die Unwetterschäden sorgten für gröbere Verkehrsbehinderungen. Besonders betroffen war der Zugverkehr. Die Korridorstrecke zwischen Salzburg und Kufstein war wegen umgestürzter Bäume unterbrochen. Die Sperre wurde wieder aufgehoben, alle Strecken im Fernverkehr sind wieder in Betrieb. Für einzelne Nahverkehrszüge sei bis Samstagabend noch ein Schienenersatzverkehr eingerichtet, heißt es von der ÖBB.

Vorübergehend eingestellt wurde auch der Zugsverkehr auf der Verbindung Schärding-Passau in Oberösterreich sowie die Strecke Ehrwald – Griesen auf der Außerfernerbahn in Tirol. Bereits am Freitagabend war im Tiroler Unterland eine Garnitur eines Regionalzugs evakuiert worden, nachdem eine Sturmböe diese bei Münster beschädigt hatte. In Kramsach krachte ein geknickter Baum auf die Stromleitung und einen darunter abgestellten leeren Linienbus.

Kräfte der Feuerwehr waren im Stadtgebiet Salzburg im Einsatz wegen entwurzelter Bäume.
Foto: APA/WOLFGANG MOSER FMT-PICTURES

In Vorarlberg war laut Polizei vor allem der Großraum Bludenz vom Unwetter betroffen. Ein Baugerüst musste noch während des tobenden Gewitters abgebaut werden, da es auf die Straße zu stürzen drohte. In Bürs verlegten zahlreiche Bäume die Brandnerstraße, die für Aufräumarbeiten vorübergehend unpassierbar war. Zudem wurden Baustellenzäune auf die Fahrbahn geweht.

Auch Tschechien, Polen und Schweiz betroffen

Der schwere Sturm hat auch im Südwesten Tschechiens größere Schäden verursacht. Tausende Haushalte waren am Samstag in der Verwaltungsregion Südböhmen ohne Strom, wie die Agentur CTK berichtete. Der Verkehr auf mehreren Bahnstrecken war unterbrochen. Die Feuerwehr rückte zu knapp 300 Einsätzen aus, um Straßen freizuräumen.

Im Nationalpark Böhmerwald, der an den Bayerischen Wald angrenzt, entwurzelte der Sturm Hunderte Bäume. Touristen wurden aufgefordert, aus Sicherheitsgründen von Wandertouren im betroffenen Gebiet im Tal der Kalten Moldau abzusehen.

Auch in der Schweiz lösten heftige Gewitter und schwere Stürme am Freitag Angst und Schrecken aus. In Zürich mussten mehrere Veranstaltungen des Theaterspektakels abgesagt werden. Bei starken Regenfällen wurden in der Region zahlreiche Keller überflutet. In Riehen bei Basel mussten Passagiere dreieinhalb Stunden in einer S-Bahn ausharren, weil ein Ast im Sturm die Fahrleitung beschädigt hatte

Im benachbarten Polen setzt die Regierung knapp 400 Soldaten ein, um die jüngsten Unwetterschäden in der Woiwodschaft Pommern zu beseitigen. Bei dem heftigen Sturm vor einer Woche waren sechs Menschen getötet und 55 verletzt worden. Die Dächer von rund 4.500 Gebäuden waren durch den Sturm abgedeckt oder beschädigt worden. (APA, 19.8.2017)