Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Helikopter vom Typ AH-64 Apache sichert den Luftraum für US-Bodentruppen im Süden Afghanistans bei Laschkar Gah.

Foto: AP / US Marine Corps / Justin Updegraff

Washington/Wien – Steve Bannon hat nicht nur seinen Posten im Weißen Haus verloren, sondern auch die Debatte um die Strategie in Afghanistan. Durchgesetzt haben sich die Generäle im Kabinett – allen voran Verteidigungsminister James Mattis und Herbert Raymond McMaster, der Sicherheitsberater des Präsidenten. Donald Trump, der den Militäreinsatz noch vor Jahren als reine Geldverschwendung kritisiert hatte, folgt ihrem Rat und stockt das Truppenkontingent auf, statt es zu reduzieren oder gar abzuziehen.

Konkrete Zahlen wollte er in der Nacht zum Dienstag in einer Fernsehansprache nennen, in den Grundzügen ist der Plan jedoch schon zuvor durchgesickert. Statt der 8400 Soldaten, die die USA derzeit am Hindukusch stationiert haben, sollen es demnächst knapp 13.000 sein. Zudem will das Oval Office den Druck auf Pakistan erhöhen, in der Hoffnung, dass der östliche Nachbar Afghanistans den Taliban sowie Extremistengruppen wie dem Haqqani-Netzwerk auf eigenem Boden den Kampf ansagt.

Es ist ein Szenario, das amerikanische Strategen immer wieder aufs Neue entwerfen, seit die GIs in Kabul einmarschierten. Bisher ist die Rechnung nie aufgegangen, zumal die Hochgebirgsregion an der afghanisch-pakistanischen Grenze als notorisch unkontrollierbar gilt. Übrigens auch nicht, als Barack Obama vor acht Jahren eine kurzzeitige Offensive anordnete und das US-Kontingent auf 100.000 Soldaten anwuchs.

Goldgrube Blackwater

Wäre es nach Bannon gegangen, dem mittlerweile gefeuerten Chefstrategen, hätte Trump sämtliche Soldaten nach Hause beordert und sie durch private Söldner, eine Art Fremdenlegion, ersetzt. Es war Erik Prince, Gründer der in Verruf geratenen Sicherheitsfirma Blackwater, der die Idee ins Gespräch brachte. Mehr als 5000 Milizionäre wollte Prince nach Afghanistan schicken, um sie der Armee des Landes als "Berater" zur Seite zu stellen.

Nicht nur in Amerika wollte er sie rekrutieren, sondern auch in Großbritannien, Australien oder Südafrika – "überall dort, wo sie gute Rugby-Mannschaften haben", spöttelte er in einem Interview mit der Zeitschrift The Atlantic. Während er in Bannon einen begeisterten Fürsprecher fand, legten Exmilitärs wie Mattis und McMaster Einspruch ein.

Prince hatte mit Blackwater eine Goldgrube entdeckt, als er nach der Invasion im Irak eine Reihe von Großaufträgen an Land zog. Seine Bodyguards bewachten die Grüne Zone Bagdads, sie beschützten Diplomaten, begleiteten Senatoren aus Washington bei deren Kurzbesuchen. Es dauerte nicht lange, bis sie wegen ihrer Rambo-Manieren ins Gerede kamen. Im September 2007 eröffneten Leibwächter des Unternehmens auf einem Kreisverkehr mitten in Bagdad das Feuer auf Autofahrer und töteten 17 unbewaffnete Zivilisten.

Eine Zeitlang verschwand Prince in der Versenkung, ehe er nach dem Wahlsieg Trumps von einem glänzenden Comeback träumte. Spätestens in Camp David, wo der Präsident am Freitag im Kreise seiner Sicherheitsexperten tagte, um Entscheidungen zu treffen, war klar, dass daraus nichts werden würde. Bannon fehlte bereits in der Runde. Der Vorschlag, den Krieg zu privatisieren, war endgültig vom Tisch.

Zentralmacht auf Rückzug

Eine Truppenaufstockung, begründen Trumps Ratgeber den Schritt, soll den Vormarsch der Taliban stoppen oder zumindest verlangsamen. Nach einem vom Kongress veröffentlichten Bericht des amerikanischen Generalinspektors für den afghanischen Wiederaufbau kontrollierte die Zentralmacht in Kabul Ende vergangenen Jahres nur noch 57 Prozent des Landesterritoriums, während es zwölf Monate zuvor noch 72 Prozent gewesen waren.

Wenige Stunden vor der Erklärung von Donald Trump über die künftige Afghanistan-Strategie ist am Montag in Kabuls streng gesichertem Diplomatenviertel eine Rakete eingeschlagen. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor. Die islamistischen Taliban-Rebellen hatten Trump in der vergangenen Woche davor gewarnt, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken. (fh, red, 21.8.2017)