Follower und Fans sind eine der wichtigsten Währungen im aktuellen Nationalratswahlkampf. Facebook, Twitter und Instagram sind für die Spitzenkandidaten ein unersetzliches Sprachrohr geworden, die Anzahl der Anhängerschaft soll Journalisten und politische Gegner beeindrucken. Besonders FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betont immer wieder seine Stärke auf Facebook. Aber auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) heben gern ihre ansehnliche Präsenz im Netz hervor. Allerdings ist ihre Stärke nicht real. Unter ihrer Gefolgschaft finden sich tausende Fake-Accounts.

Fast jeder zweite Twitter-Follower ist nicht echt

Eine Analyse mit dem Online-Tool Twitteraudit, das Fake-User anhand von Kriterien wie Aktivität und Anzahl der Freunde im Netz aussiebt, zeigt etwa, dass fast jeder zweite Twitter-Follower von Sebastian Kurz ein Fake-Account ist. Von den mehr als 236.000 Nutzern sind demnach nur rund 118.000 echt, und von diesen ist auch nur knapp ein Viertel auf dem Kurzmitteilungsdienst wirklich aktiv. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Service https://fakers.statuspeople.com.

Bei der ÖVP kann man nicht "ausschließen, dass es Fake-Profile gibt". Man sei "grundsätzlich gegen Fake-Profile, weil sie verzerren. Wir wollen auf Twitter unsere politischen Inhalte kommunizieren und begrüßen einen sachlichen Dialog", sagt Pressesprecher Jochen Prüller zum STANDARD.

Stichproben

Auch Stichproben unter den Followern von Kurz zeigen, dass tatsächlich tausende davon die typischen Merkmale von Fantasiemitgliedern tragen. Sie kommen meist anonym ohne plausiblen Namen und Foto daher, geben selten Kommentare ab und haben keine oder nur sehr wenige Follower.

Einige Follower von Sebastian Kurz, die Merkmale von Fake-Usern aufweisen.
Foto: Screenshot/Twitter

Unter der falschen Gefolgschaft finden sich auch eine Reihe sogenannte Social Bots, mit denen der ÖVP-Chef auch schon Bekanntschaft gemacht hat. Als er im Mai "allen Musliminnen und Muslimen einen gesegneten Ramadan" wünschte, wurde er auch von ihnen auf Twitter dafür wüst beschimpft. Bots sind Computerprogramme, mit deren Hilfe massenhaft Einträge bei Twitter und Facebook automatisch generiert werden, die so aussehen wie Posts von menschlichen Nutzern.

In vielen Fällen posten Bots hierzulande rechte und islamfeindliche Statements und streuen manchmal Falschmeldungen. Werden Bots in den Meinungskampf geschickt, steckt oft das Ziel dahinter, Nutzern zu suggerieren, dass im Netz eine bestimmte Meinung vorherrsche. Dahinter aber stecken oft Einzelpersonen oder Interessengruppen, die nicht selten tausende falsche Profile steuern.

Kern versendet seine Meldungen überwiegend an Gespenster

Bei Bundeskanzler Christian Kern ist sogar die Mehrheit seiner mehr als 63.000 Follower nicht authentisch. Er versendet seine Meldungen überwiegend an Gespenster. Laut Twitteraudit sind mehr als 32.400 seiner Gefolgsleute falsch. Seitens der SPÖ wird betont, dass man keine Nutzer gekauft habe. "Das Wesen von Twitter ist, dass jeder Account jedem anderen folgen kann. Wir können hier gar nicht laufend kontrollieren, wer unseren Accounts folgt, und wir können auch nicht auf Verdacht inaktive Accounts sperren", sagt Hannes Uhl aus dem Kampagnenbüro zur Wahl von Christian Kern.

Besser steht Heinz-Christian Strache da. Von seinen 19.500 Followern rekrutieren sich rund 2.600 aus Bots und Fake-Mitgliedern.

Die Zahl der Fake-User einiger österreichischer Politiker laut Twitteraudit.
Foto: Screenshot/twitteraudit

Bei Neos-Chef Matthias Strolz stecken hinter seinen 56.900 Followern rund 30.000 echte User. Die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek kommt auf etwa 1.000 falsche Anhänger unter ihren 10.500 Followern. Bei Peter Pilz sind es hingegen 14.418 Fake-User.

Aber nicht nur österreichische Politiker haben mit falscher Gefolgschaft zu kämpfen. Laut einem Bericht von "Newsweek" sind mehr als die Hälfte der knapp 37 Millionen Follower von US-Präsident Donald Trump nicht echt.

Sie sind mit der Zeit einfach da

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, an Fake-User zu kommen. Entweder werden sie gekauft – 10.000 Follower kosten derzeit einmalig 37 Euro –, oder sie sind einfach plötzlich da. So findet fast jeder Nutzer des Diensts falsche Konten rund um seinen Account. Es ist unklar, woher sie kommen. Twitter selbst hat wenig Probleme mit Fake-Accounts, da jedes Konto gut für das Geschäft und den Aktienkurs ist. (Markus Sulzbacher, 29.8.2017)