Wozabal stellt sterile Textilien bereit, die bei Operationen zum Einsatz kommen. Seit gut einem Jahr versuchte der finanziell angeschlagene Betrieb selbst wieder auf die Beine zu kommen. Der Alleingang gegen den Willen der Banken scheiterte.

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Wien – Weit mehr als die Hälfte seines Lebens hat Christian Wozabal in der Textilservice-Gruppe seiner Eltern verbracht, die 1896 in Linz aus der Taufe gehoben wurde. Seit elf Jahren ist er ihr Geschäftsführer. Am Donnerstag meldete er Insolvenz an. Berufsziel war das keines, sagt der 46-Jährige trocken – er werde aber nicht jammern. "Es tut mir sehr leid, dass es in diese schwierige Situation kam. Sie ist jedoch nicht aussichtslos." Er sehe gute Chancen, die seiner Ansicht nach strukturellen Probleme wieder in den Griff zu bekommen.

Wozabal versorgt in Österreich mit 950 Mitarbeitern täglich 2.000 Kunden mit 175 Tonnen Mietwäsche. Große Krankenhäuser bedienen sich der Dienste ebenso wie Pflegeheime, Gastronomie und Industrie. Die Linzer sind hinter Salesianer die größten der Branche.

Überlebenskampf

Hinter den Kulissen kämpft der Familienbetrieb aber seit bald einem Jahr ums Überleben. Er steckte in den vergangenen Jahren Millionen Euro in den Ausbau seiner Standorte Enns und Rankweil, um neue Aufträge zu bewältigen. Projektkosten wurden überschritten, die Inbetriebnahme der neuen Kapazitäten verzögerte sich, ebenso die geplante Automatisierung mittels moderner Chiptechnologie.

Zu Jahresbeginn zogen die Banken die Reißleine. Sie setzten zwei Sanierer ein und drängten Wozabal dazu, seine Gruppe zu verkaufen, geht aus dem Antrag auf ein Sanierungsverfahren vor. An Interessenten mangelte es nicht. Einer war Marktführer Salesianer Miettex, wie Thomas Krautschneider, Eigentümer des österreichischen Mietwäschekonzerns auf Anfrage bestätigt. Finanzberater leiteten entsprechende "strukturierte Prozesse ein, die Gespräche endeten im Juni aber ohne Ergebnis". Der Stiftungsvorstand trat zurück.

Krautschneider ist nach wie vor an der Übernahme von Teilen des Unternehmens interessiert, wie er betont. "Es würde Sinn machen – für Mitarbeiter wie für Kunden."

Wozabal sieht das anders. "Für eine Zerschlagung unserer Gruppe bin ich nicht zu haben", sagt er dem STANDARD. Zudem schließt er angesichts des Konkurrenten kartellrechtliche Hürden nicht aus.

Der Oberösterreicher wollte die Kehrtwende gegen den Willen der 13 betroffenen Banken im Alleingang schaffen – was jedoch misslang. Sie sperrten Anfang August die Konten. 17 Millionen Euro an Kreditrückzahlungen wären heuer fällig gewesen, die Wozabal, der von zu kurzen Laufzeiten für Kreditlinien spricht, nicht begleichen konnte. Einem Großteil der Belegschaft blieb er im Sommer Löhne und Gehälter schuldig.

Vor allem Frauen betroffen

Nun sammelten sich bei Aktiva von 11,6 Millionen Euro Schulden von 104 Millionen an, rechnet der Kreditschützer Creditreform vor, wobei auf 660 Gläubiger 47 Millionen entfielen. Der Rest seien vor allem Querhaftungen für Bankenverbindlichkeiten und Zusatzhaftungen im Falle der Schließung.

Es ist die größte Pleite in Oberösterreich seit vier Jahren. Gut 75 Prozent der betroffenen Mitarbeiter sind Frauen. Sie sind überwiegend in Linz und Lenzing beschäftigt. Die Arbeiterkammer rät ihnen dazu, die Dienstverhältnisse nicht voreilig zu lösen, da dadurch Ansprüche verlorengehen könnten.

Wozabal beantragte diese Woche ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Er sieht die Ursachen der Insolvenz fünf bis zehn Jahre zurückliegen, in komplexen Firmenstrukturen und zu vielen Kreditgebern. Erlag er dem Reiz eines zu raschen Wachstums? "Klar kann man auf Aufträge verzichten – aber man agiert halt unternehmerisch. Und rundherum wird geklatscht, auch die Banken freuten sich über die gute Geschäftslage."

Schnelle Expansion

Er hätte bei der Expansion rückblickend Tempo rausnehmen sollen, räumt er ein. Den Vorwurf, in falsche Technologie und Produktionsmittel investiert zu haben, lässt er nicht gelten. "Die Produktivität ist heute um 30 Prozent höher." In Lenzing bereite ein Mitarbeiter etwa in der Stunde 88 Kilo Wäsche auf, 60 waren es zuvor.

Wozabal ist überzeugt, die Jobs sichern zu können – sofern er wie bisher liefern dürfe, denn die operativen Probleme seien überwunden. Er brauche aber bei der Refinanzierung ein anderes Obligo der Banken. "Mit einem Finanzinvestor ginge es noch schneller." Rund um Liegenschaften überlegt er Sale-and-Lease-back-Geschäfte.

Auf dem Markt für Mietwäsche herrscht seit Jahren massive Verdrängung. Platzhirsch Salesianer stellt mit 1.500 Mitarbeitern täglich 360 Tonnen Textilien bereit. Weitere 1.000 arbeiten in acht Ländern außerhalb Österreichs. Der Familienkonzern setzt rund 160 Millionen Euro um. Wozabal ist in etwa halb so groß. Neben den zwei Erzrivalen tummeln sich kleinere Anbieter wie Mewa, Brolli und Vienna. Sie alle rennen um ihr Leiberl, denn im Gesundheitssektor wird gespart: Die Zahl der Betten sinkt, die Verweildauer der Patienten meist ebenso. Die Industrie schafft kaum neue Jobs, und auch die Hotellerie lässt wenig Spielraum. (Verena Kainrath, 31.8.2017)