Pro: Verunsicherung der Täter

von Conrad Seidl

Nein, es gibt keine perfekte Überwachung – und dennoch ist es sinnvoll, Überwachungssysteme dort auszuweiten, wo man Umtriebe von Kriminellen und Terroristen vermutet. Wir haben uns an Überwachungskameras gewöhnt, auch an die Möglichkeit, dass Telefonate unter Umständen – rechtsstaatlich genau definierten Umständen – abgehört werden können.

Es ist auch verständlich, dass die Sicherheitsbehörden Zugang zu jener verschlüsselten Kommunikation bekommen wollen, mit der sich ihre Gegner der inzwischen gewohnten Überwachung zu entziehen versuchen – in gewissen geschützten Umgebungen können sich Gefährder aller Art derzeit ziemlich sicher fühlen.

Dieses Sicherheitsgefühl gilt es aufzubrechen – auch indem Trojaner in virtuelle Räume eindringen, in denen sich Terroristen vernetzen können. Verunsichert man Verbrecher, dann machen sie Fehler – im realen Leben dienen oft simple Verkehrskontrollen dazu, Einbrecherbanden aufzuspüren oder aus einer gewissen Region zu vertreiben. Sie wissen ja nicht, dass die Kontrolle nicht spezifisch ihren Umtrieben gilt, und verraten sich, weil sie eben verunsichert sind. Ähnlich ist es mit elektronischen Systemen: Beamtete Hacker und vom Staat eingesetzte Bundestrojaner mögen nicht alles kontrollieren können, was Kriminelle und Terroristen planen. Aber wenn es ihnen das Leben jenseits der Legalität erschwert, ist schon viel gewonnen. (Conrad Seidl, 1.9.2017)

Kontra: Gefährdung der Sicherheit

von Birgit Riegler

Trotz massiver Kritik hält Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) im Sicherheitspaket daran fest, dass verschlüsselte Nachrichtendienste wie Whatsapp mit spezieller Software überwacht werden müssen. Dass der Einsatz eines solchen Bundestrojaners mehr Sicherheit bringt, ist jedoch ein Irrtum. Im Gegenteil. Derartige Maßnahmen führen dazu, dass die Sicherheit der Bürger gefährdet wird.

Um Überwachungsprogramme auf die Smartphones oder Computer Verdächtiger bringen zu können, müssten sich Behörden des Werkzeugkoffers von Hackern bedienen: beispielsweise indem Sicherheitslücken in der Software ausgenutzt werden. Mit Informationen darüber wird reger Handel auf dem Schwarzmarkt getrieben. Softwarefirmen zahlen oft hohe Beträge an Sicherheitsforscher, die ihre Programme auf Herz und Nieren prüfen, um genau solche Schwachstellen aufzuspüren. Außerdem ist es für Kriminelle ein Leichtes, dieser Überwachung zu entgehen: indem sie oft die Endgeräte wechseln, diese neu einrichten oder schlicht und einfach offline kommunizieren.

Sicherheitslücken öffnen zudem nicht nur den ermittelnden Behörden Tür und Tor, sondern auch böswilligen Hackern oder fremden Geheimdiensten. Die Verantwortung der Politik muss daher darin liegen, ihre Bürger davor zu schützen. Und nicht, sie solchen Gefahren mutwillig auszusetzen. (Birgit Riegler, 1.9.2017)