Zellen im Elektronenmikroskop: Ein Mitochondrium einer Zelle wurde nachträglich rot eingefärbt.

Foto: Hartwig Wolburg / Universität Tübingen

Tübingen – Bei bestimmten Parkinsonformen könnte ein Diabetesmedikament helfen, berichten Tübinger Hirnforscher vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen. Die Neurowissenschaftler identifizierten ein Eiweiß, das eine wichtige Rolle im Energiehaushalt von Zellen spielt. Fehlt dieses Protein, ist der Energiehaushalt nachhaltig gestört. Dies kann zum Zelltod und letztendlich zum Ausbruch der Parkinson-Krankheit führen.

Bei der Erkrankung sterben Nervenzellen in einem Gehirnbereich ab, der Bewegungen kontrolliert. Anhand von Zellkulturen zeigten die Forscher, dass das Diabetesmedikament Metformin in den Energiehaushalt eingreift und so die Zellen schützt. "Wir haben Zellen eines an Parkinson erkrankten Patienten untersucht und gesehen, dass ein wichtiges Protein fehlt, das die Energiegewinnung in den Mitochondrien reguliert", erklärt Studienleiterin Julia Fitzgerald.

Die Folge: Unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch produzieren die Zellen in ihren Kraftwerken, den Mitochondrien, durchgängig Energie. Dabei entsteht jedoch auch ein Übermaß an freien Sauerstoffradikalen. Sie schädigen die Zelle und führen langfristig zu Zellalterung und Tod. "Das Diabetesmedikament wirkt hier wie eine Bremse. Es verlangsamt die Bildung von Energie und Sauerstoffradikalen und schützt die Zellen so vor negativen Auswirkungen", berichtet die Forscherin.

Weltweit zehn Millionen Betroffene

Die Studie der Tübinger Neurowissenschaftler gibt einen weiteren Hinweis, dass Diabetesmedikamente positiven Einfluss bei bestimmten Parkinsonformen zu haben scheinen. "Erst vor kurzem zeigte eine englisch-amerikanische Forschungskooperation, dass ein anderes Medikament Bewegungsstörungen bei Parkinsonpatienten vermindern kann", sagt Fitzgerald.

Bei der Entstehung von Parkinson spielen sowohl eine erbliche Veranlagung als auch Umwelteinflüsse eine Rolle. "Die Ursache variiert letztendlich von Person zu Person", sagt die Neurowissenschafterin. "Langfristig kommt unsere Studie Patienten zugute, bei denen eine fehlerhafte Energiegewinnung in den Zellen zur Krankheit führt." Aktuell gibt es bei Parkinson keine Medikamente, die den Krankheitsprozess aufhalten oder verlangsamen können. Ärzte können lediglich die Symptome behandeln. Weltweit sind rund zehn Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen. (red, 2.9.2017)