In Österreich haben Expats es oft schwer, sich einzugewöhnen: Sie kämpfen mit Sprachschwierigkeiten und leiden unter der wenig gastfreundlichen Bevölkerung. Es gelingt aber vielen, die Landessprache zu meistern, und sie wollen trotz der genannten Nachteile in Österreich bleiben: Das österreichische Gesundheitswesen und Bildungssystem genießen einen hervorragenden Ruf. Im Ausland lebende Österreicher sind häufig Expats mit überdurchschnittlichem Bildungsniveau, die schon mehrere internationale Umzüge hinter sich haben, wie die Expat Insider 2017 Studie verrät.

Bahrain, hier die Skyline von Manama, landet auf Platz 1.
Foto: imago/Jochen Tack

Mit fast 13.000 Teilnehmern, die im Ausland leben und arbeiten, ist sie eine der umfassendsten Umfragen unter Expatriates. Sie wird jedes Jahr von InterNations, dem größten Expat-Netzwerk weltweit, durchgeführt. Die Studie bietet nicht nur eine ausführliche Analyse des Lebens im Ausland; sie enthält auch eine Rangliste von 65 Zielländern, welche die Bewertung diverser Faktoren – zum Beispiel Lebensqualität, Arbeitswelt und Eingewöhnung im Gastland – miteinbezieht.

Während Österreich lediglich auf einem leicht überdurchschnittlichen 28. Platz landet, sind die Top 10 der beliebtesten Destinationen für Expats 2017 Bahrain, Costa Rica, Mexiko, Taiwan, Portugal, Neuseeland, Malta, Kolumbien, Singapur und Spanien.

Kühler Empfang in Österreich

Der Expat Insider 2017 Studie zufolge ist Österreich das zweitschlechteste Zielland weltweit für Expats, um sich fern der Heimat einzuleben und an das neue Umfeld zu gewöhnen; nur Dänemark unterbietet dieses Ergebnis noch. Zudem schafft es Österreich auch in puncto Freundlichkeit bloß auf Platz 64 von 65; nur in Kuwait ist der Empfang noch weniger herzlich. In Österreich fällt es lediglich einer Minderheit der Teilnehmer (25 Prozent) leicht, auch unter den Einheimischen Freunde zu finden, während 42 Prozent der Expats rund um den Globus damit keine Probleme haben.

Die Top-Destinationen für Expats 2017 im Überblick.
Grafik: InterNations

Die Sprachbarriere scheint dabei ein großes Hindernis zu sein: Fast sieben von zehn Befragten in Österreich (68 Prozent) finden es schwierig, Deutsch zu lernen. Kein Wunder, denn um gute Deutschkenntnisse zu erlangen, muss man zirka 750 Unterrichtsstunden absolvieren. Obwohl zahlreiche Sprachschüler Schwierigkeiten mit dem Kasussystem und der komplizierten Satzstellung haben, sprechen fast neun von zehn Expats in Österreich (87 Prozent) zumindest etwas Deutsch – die Spanne reicht von "ein bisschen" bis "fließend".

Das scheint überlebensnotwendig zu sein: Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer (51 Prozent) hält es für schwierig, sich ohne Kenntnisse der Landessprache in Österreich zurechtzufinden – zehn Prozentpunkte mehr als der weltweite Durchschnitt. Trotz der sprachlichen Anpassungsversuche fühlen sich Expats in Österreich nur bedingt wie zuhause: Nicht weniger als sechs von zehn Befragten haben sich schon einmal wegen ihrer Sprache oder ihres Akzentes in Österreich nicht willkommen oder fehl am Platz gefühlt. Ein Teilnehmer aus Tschechien berichtete: "Aufgrund meines ‘osteuropäischen‘ Akzentes werde ich gelegentlich für eine Putzkraft gehalten."

Österreich bleibt sicher und familienfreundlich

Obwohl in Westeuropa Terroranschläge und politische Spannungen zugenommen haben, gilt Österreich weiterhin als sicheres Zielland: Fast neun von zehn Expats (88 Prozent) beschreiben es als friedlich. Da die Umfrage nach den polarisierenden Präsidentschaftswahlen 2016 durchgeführt wurde, wäre eventuell zu erwarten gewesen, dass das politische Klima in Österreich als eher instabil empfunden wird. Ganz im Gegenteil: Expats sind von der politischen Lage in Österreich weiterhin positiv beeindruckt, und fast acht von zehn (78 Prozent) sehen sie als stabil. Sowohl die Sicherheitslage als auch die hohen Qualitätsstandards im Gesundheitswesen und im Bildungssystem machen Österreich zu einem beliebten Ziel für Expats mit Kindern. Mehr als acht von zehn Umfrageteilnehmern (84 Prozent) loben die medizinische Versorgung, und 89 Prozent der befragten Eltern schätzen die hohe Qualität des Bildungswesens.

Trotz des politischen Wandels wird Österreich von Expats weiterhin als politisch stabil (78 Prozent) und friedlich beschrieben (88 Prozent).
Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Ein italienischer Teilnehmer beschreibt die Wahlheimat als "genau den richtigen Ort, wenn man das Beste für sein Kind möchte: eine sichere Umgebung – eine gute Ausbildung – Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung." Während Österreich unter Familien aus dem Ausland also weiterhin gut abschneidet (Platz 11 von 45), ist es im Vergleich zum Vorjahr dennoch im Ranking nach unten gerutscht: 2016 belegte es bei den Familien noch den vierten Platz. Ein möglicher Grund dafür könnte die deutliche Verschlechterung bezüglich der verfügbaren Kinderbetreuung sein: Während 2016 noch sieben von zehn Expat-Eltern mit dem Betreuungsangebot zufrieden waren, sind es 2017 nur noch 53 Prozent.

Expats aus Österreich: hochgebildet und auslandserfahren

Österreicher im Ausland sind oft etwas älter als der durchschnittliche Expat, und einer von zehn befindet sich bereits im Ruhestand. Expats aus Österreich zeichnen sich durch ein besonders hohes Bildungsniveau aus: 16 Prozent haben einer Doktortitel, im Vergleich zu lediglich sechs Prozent aller Befragten weltweit. Ihr Wissen beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Hörsaal. Sie verfügen auch über erhebliche Auslandserfahrung, denn mehr als zwei von fünf Expats aus Österreich haben bereits in mindestens drei anderen Ländern als ihrem jetzigen Aufenthaltsland gelebt.

Costa Rica landet auf Platz 2.
Foto: Getty Images/iStockphoto/Mensovw

Die internationale Erfahrung führt offensichtlich auch zu guten Fremdsprachenkenntnissen: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) spricht die Sprache des Gastlandes ziemlich oder sehr gut. Englisch stellt kein Problem dar, und sowohl die USA als auch Großbritannien sind unter den beliebtesten Zielen für Österreicher im Ausland. Jedoch scheinen österreichische Expats auf größere Schwierigkeiten zu treffen, sobald sie die englischsprachige Welt verlassen. Ein Teilnehmer in Italien merkte an: "Ich bin sehr überrascht – ja schockiert – davon, dass die Italiener hier kein Englisch sprechen – auch die jungen und gut gebildeten nicht!"

Solch linguistische Herausforderungen bremsen die Österreicher im Ausland auf dem Arbeitsmarkt nicht aus. Es haben nicht nur 15 Prozent eine Position im Management inne, sondern mehr als acht von zehn unter diesen Managern (86 Prozent) sind mindestens im mittleren Management oder gar in den höheren Chefetagen tätig. Dies könnte damit zusammenhängen, dass 17 Prozent aller österreichischen Expats vom Arbeitgeber entsandt wurden und vermutlich schon zuhause Teil des Managements waren.

Ein herzlicher Empfang für Expats führt Bahrain, Costa Rica und Mexiko an die Spitze

Zum ersten Mal seit der Einführung der Expat Insider Studie führt keines der Länder aus den Top 3 des Vorjahres die Rangliste an: Als überraschender Gewinner klettert Bahrain vom 19. Platz bis zur Nummer eins. Dank seiner freundlichen Bevölkerung macht es der Golfstaat Expats leicht, sich wie zuhause zu fühlen: Fast neun von zehn Befragten (86 Prozent) bewerten die Einstellung der Bahrainer ihren ausländischen Nachbarn gegenüber positiv. Außerdem sind 73 Prozent der Expats in Bahrain mit ihrer Arbeit zufrieden, während der weltweite Durchschnitt 64 Prozent beträgt.

Überblick über die Länder, die sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert haben.
Grafik: InterNations

Costa Rica als Zweitplatzierter und Mexiko auf dem dritten Platz schaffen es für das Arbeiten im Ausland ebenfalls unter die Top 20. Expats schätzen die beiden Länder jedoch vor allem für ihre freundliche Bevölkerung. Dort vergeben je 87 Prozent der Teilnehmer gute Noten für das herzliche Willkommen. Global finden nur 67 Prozent die Bevölkerung in ihrem Gastland genauso freundlich.

Griechenland, Kuwait und Nigeria sind erneut die unbeliebtesten Destinationen für Expats

Die Länder auf den letzten drei Plätzen sind im dritten Jahr in Folge unter den Schlusslichtern der Rangliste vertreten. Griechenland ist nun ganz unten angekommen: Es belegt nicht nur in der Gesamtwertung den letzten Platz, sondern liegt auch bei den Themen Arbeiten im Ausland, persönliche Finanzen und Familienleben ganz hinten. Die Hälfte aller Befragten in Griechenland berichtet, dass ihr Haushaltseinkommen nicht zur Deckung aller Lebenshaltungskosten ausreicht – mehr als doppelt so viel wie der weltweite Durchschnitt von 23 Prozent.

In Nigeria und Kuwait auf Platz 63 beziehungsweise 64 von 65 Zielländern bleibt der Mangel an Lebensqualität weiterhin ein großes Problem: In Kuwait sind 23 Prozent der Expats mit ihrem Leben im Allgemeinen unzufrieden, im Gegensatz zu 10 Prozent aller Befragten weltweit. In Nigeria verursacht vor allem die Sicherheitslage weitere Probleme – fast sieben von zehn Umfrageteilnehmern (68 Prozent) bewerten den Faktor persönliche Sicherheit negativ. (red, 6.9.2017)

InterNations