Berlin – Die Vereinten Nationen bauen ihre Präsenz im kriegszerrütteten Libyen wieder aus und warnen vor einem "Ausufern" der Einmischungen in den Libyen-Konflikt. Vermittlungsbemühungen "kommen von allen Seiten, Organisationen, Ländern und so weiter", erklärte der neue Uno-Sonderbeauftragte für Libyen, Ghassan Salamé, in einem Interview der "Welt".

"Die Libyer sind verwirrt, wenn sie sechs oder sieben verschiedene Operationen vor ihren Augen haben", sagte der Nachfolger des Deutschen Martin Kobler. "Aber immer mehr Köche zu haben hilft nicht, ein leckeres Essen zu kochen." Die Vereinten Nationen seien bei all ihren Mängeln besser auf ihre Rolle vorbereitet als Staaten oder andere Organisationen.

Die Uno will zu den Menschen

Um möglichst nahe an den Menschen zu sein, bauten die Vereinten Nationen ihre Präsenz "unter Beachtung der Sicherheitslage" aus, sagte Salamé. Knapp 250 Uno-Soldaten würden dann die Uno-Gebäude in Libyen sichern. "Ich hoffe, dass (...) wir dann ab Anfang Oktober einen wesentlichen Teil unserer Aktivitäten wieder in Libyen erledigen können. Das war seit 2014 nicht mehr der Fall."

Für unzumutbar hält Salamé die Bedingungen in den libyschen Aufnahmelagern für Migranten. "Die Menschen brauchen eine ausreichende Gesundheitsversorgung. Frauen, Ältere und Kinder müssen besonders geschützt werden", sagte er. Er habe darüber kürzlich mit dem Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gesprochen.

Wahlen und Gesetze

Auf die Frage nach Wahlen in Libyen, wie sie Ministerpräsident Fayez al-Sarraj und sein im Osten herrschender Gegenspieler General Khalifa Haftar unter Pariser Vermittlung für das Frühjahr 2018 anvisieren, sagte Salamé: "Es sind auch Gesetze notwendig." Wahlen seien zwar der demokratischste Weg, den Willen eines Volkes auszudrücken. Sie müssten aber auch zu einem wirklichen Wechsel führen können. Und man benötige Gesetze, um eine Verfassung zu verabschieden und die erste Präsidentenwahl im Land zu organisieren. "Ich sehe, dass dies in der Debatte in Europa vergessen wird." (APA, 8.9.2017)