In Zukunft soll jeder Stadtbewohner einen Bodega-Automaten in maximal 30 Meter Entfernung erreichen können, so die Vision der Firmengründer Ashwat Rajan (links) und Paul McDonald.

Foto: Bodega

Wer braucht schon den Mini-Supermarkt am Eck, wenn man stattdessen einen Automaten mit Gütern des täglichen Bedarfs hinstellen kann? So oder ähnlich lautet das Leitprinzip von Bodega. Das von zwei ehemaligen Google-Angestellten gegründete US-Start-up will Greißler mit Verkaufsmaschine und Handy-App ersetzen.

Menschen sieht dieses Konzept nur für Wartung und Nachfüllung vor. Es gibt keine Kassa, die bemannt werden muss, keine größere Verkaufsfläche zu reinigen, kein Problem mit Öffnungszeiten. Doch nun regt sich Widerstand gegen das Unternehmen, berichten der "Guardian" und Fast Company.

Flächendeckende Versorgung angepeilt

1,5 Meter sind die Automaten breit und bieten vorwiegend Lebensmittel an, die nicht schnell verderben. Die Vision dahinter ist ambitioniert. Man will vor allem im städtischen Bereich "zentralisierte Einkaufsorte" unnötig machen. Geht es nach Mitgründer Paul McDonald, sollen Stadtbewohner in Zukunft von zu Hause nicht mehr als 30 Meter zum nächsten Bodega zurücklegen müssen.

Die ersten Automaten stehen bereits in Wohnhausanlagen und Fitnesscentern. Bei der Umsetzung hat man sich ein Beispiel an Amazons automatisierten Supermärkten genommen. Per App loggt sich ein Käufer ein, und ein von künstlicher Intelligenz gestütztes System erfasst, welche Waren entnommen werden, und rechnet diese per Kreditkarte ab. Der Computer soll auch ermitteln, welche Waren in welcher Gegend besonders gefragt sind, und das Sortiment entsprechend anpassen. Zu den Investoren gehören auch Manager von Facebook, Google und Twitter.

Shopbetreiber protestieren

Zu den Gegnern der Firma zählen die Betreiber der "Corner Stores". Oft handelt es sich hier um Menschen mit Migrationshintergrund, die ihren eigenen Familienbetrieb hochziehen oder für Ketten wie 7-Eleven tätig sind. Viele Einwanderer aus Lateinamerika haben auch in den USA auf diese Weise Fuß gefasst. Heute kämpfen sie aufgrund steigender Mieten in den Metropolen ums Überleben.

Diese Betreiber stören sich nicht nur am Geschäftskonzept, sondern auch am Namen des Start-ups. Der Begriff "Bodega" (eigentlich: Weinschänke, Weinkeller) für die kleinen Geschäfte entstand in den 1960ern und kam aus der lateinamerikanischen Community. McDonald hält dem entgegen, dass man in dieser Community Umfragen durchgeführt habe und 97 Prozent keinen Anstoß an der Namenswahl nahmen.

Entgegen früheren Aussagen bestreitet er auch, dass man die Mini-Supermärkte verdrängen wolle. Man "bewundere" diese Geschäfte, die "tausende Waren" im Angebot hätten und damit "viel mehr, als wir jemals in ein paar Regale stecken könnten". Man entschuldige sich bei allen, die sich vom Namen verletzt fühlten. Eine Änderung scheint aber nicht angestrebt zu werden. Eine Interviewanfrage des "Guardian" wurde nicht beantwortet.

Das nächste Juicero?

Kritiker sehen auch die Gefahr einer nächsten Investorenblase rund um die Firma, da das Konzept des Verkaufsautomaten nicht gerade neu ist. Investoren würden viel Geld in einen Dienst stecken, für den eigentlich kaum Bedarf besteht.

Ein Phänomen, das man zuletzt bei der "nutzlosen Saftpresse" Juicero beobachten konnte, deren Hersteller nun den Betrieb einstellt. Dennoch hat Bodega kürzlich 50 neue Standorte an der US-Ostküste erschlossen und will 1.000 Automaten bis Ende 2018 in Betrieb nehmen.

Expertin sieht keine Gefahr

Trisha Chakrabarti von der Non-Profit-Organisation Mandela Marketplace, die sich für die Unterstützung lokaler Lebensmittelhändler einsetzt, sieht keine Gefahr für die "Corner Stores". Denn viele Käufer würden die nachbarschaftliche Atmosphäre und den persönlichen Kontakt zu den Geschäftsbetreibern schätzen. Ein Service, den ein Automat niemals bieten kann. (red, 14.9.2017)