Der Wirkstoff Evolocumab senkt nicht die Sterblichkeit insgesamt, sagen Experten der unabhängigen Arzneimittelplattform "Gute Pillen – schlechte Pillen".

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Insbesondere das "böse" LDL-Cholesterin ist für Herz und Kreislauf schädlich. Deshalb nehmen Millionen Menschen mit hohen LDL-Werten täglich Cholesterinsenker ein, vor allem Statine. Deren Nutzen ist durch große Studien belegt. "Sie können jedoch zu Nebenwirkungen führen, die zwar lästig, aber nur selten gefährlich sind", heißt es vonseiten der unabhängige Arzneimittelplattform "Gute Pillen – schlechte Pillen" (GPSP).

Nun gibt es einen neuen Wirkstoff, das sogenannte "Evolocumab" am Markt. Er zählt neben Alirocumab zu den PCSK9-Hemmern, die zu den "biologischen Arzneimitteln" oder "Biologika" gerechnet werden. Er ist in allen EU-Mitgliedsstaaten sowie in Norwegen, Island, Liechtenstein, USA, Japan, Kanada, Australien und Kuwait zugelassen. "Derzeit ist Evolocumab für Patienten vorgesehen, die wegen einer genetischen Veranlagung besonders hohe Lipidwerte haben und deshalb Kandidaten für eine Lipid-Apherese – also die sogenannte Blutwäsche – sind", erklärt Bernd Mühlbauer, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum Bremen Mitte.

LDL-Cholesterin nur ein Risikofaktor

Doch LDL-Cholesterin ist wahrscheinlich nur einer von vielen anderen Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall, wie die Experten von GPSP betonen. Demnach gibt es im Kampf gegen Herzinfarkt und Schlaganfall zwei wissenschaftliche Positionen: Ein Teil der Wissenschafter und Mediziner achtet bei ihren Patienten auf möglichst niedrige LDL-Laborwerte. Für das andere Lager ist das gemessene Laborergebnis zweitrangig, es konzentriert sich auf die Kontrolle der restlichen bekannten Risiken, etwa Bluthochdruck, bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rauchen, Übergewicht, Diabetes.

Langfristige Nebenwirkungen unklar

Nun gibt es ergänzend zu anderen Lipidsenkern den Wirkstoff "Evolocumab", dem in der sogeannte Fourier-Studie die stärkste jemals in einer Studie beobachtete LDL-Senkung nachgewiesen werden konnte. In die Untersuchung waren weltweit 27.564 Patienten inkludiert, in Österreich 173 Patienten an 14 Zentren. Patienten mit Evolocumab-Behandlung wiesen der Studie zufolge ein um 27 Prozent verringertes Herzinfarktrisiko auf, bei Schlaganfall konnte das Risiko um 21 Prozent gesenkt werden.

GPSP betont allerdings, dass trotz regelmäßiger Injektionen mit Evolocumab die kardiovaskuläre Mortalität nicht verringert werden konnte. Auch insgesamt reduzierte Evolocumab nicht die Sterblichkeit. Ein weiteres Problem: Die kurzfristige Verabreichung von Evolocumab scheint unproblematisch zu sein, Langzeiteffekte seien jedoch nicht ausreichend erforscht, warnt GPSP. (red, 19.9.2017)