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Für Familien wird es immer schwieriger werden, einen Arzt zu finden.

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Einen bereits vorhandenen und in den kommenden Jahren österreichweit zunehmenden Engpass bei niedergelassenen Kinder- und Jugendmedizinern ortet die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Weiters seien ein Aktionsplan zur Prävention von Adipositas und eine bessere Regelung und Finanzierung der Nachsorge nötig, hieß es kürzlich von Experten.

Laut dem Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde des LKH Hochsteiermark, Reinhold Kerbl, sei die primäre Versorgung "in Gefahr", weil die Basis der Versorgung wegbreche: Rund zehn Prozent der offenen Planstellen für niedergelassene Kinderärzte seien aktuell nicht besetzbar, in fünf bis zehn Jahren werde es "massiv abwärts gehen", warnte.

In der Steiermark seien es beispielsweise aktuell drei Kassenstellen in Leoben, Bruck und Deutschlandsberg, die nicht nachbesetzt werden können, in Judenburg sei ein 65-jähriger Kinderarzt durch einen Gleichaltrigen ersetzt worden. "Einer der Gründe ist ein allgemeiner Ärztemangel", meinte der Leobener Spitals-Pädiater, der eine größere Zahl von Medizinstudenten anregte. "Ja, die Zahl ist zu niedrig angesetzt und sollte von 320 auf 450 erhöht werden", sagte er im Hinblick auf die Grazer Med-Uni.

Unattraktive Strukturen

Die fehlende Anpassung von Honoraren, eine unbefriedigende Tarifordnung und eingeschränkte Möglichkeiten für Gruppenpraxen für Kinderfachärzte seien weitere Gründe dafür, dass es in Zukunft für Familien immer schwieriger werden dürfte einen Kassen-Kinderarzt zu finden. "Junge Mediziner wollen nicht mehr als Einzelkämpfer arbeiten, die Strukturen sind unattraktiv geworden und die Mutter-Kindpass-Untersuchungen sind beispielsweise seit 23 Jahren nicht mehr valorisiert worden", erläuterte Kerbl. Zudem kritisierte er die geplante Struktur der Primary Health Care-Zentren (PHC).

Laut Daniel Weghuber (Uniklinik Salzburg) stelle Adipositas bereits im Kindesalter eine wachsende Herausforderung dar: Jeder dritte (Buben) bzw. vierte (Mädchen) Volksschüler sei zu schwer. Daher sei es "dringend notwendig, Adipositas frühzeitig und von vorneherein zu verhindern". Die ÖGKJ fordere daher mindestens täglich eine Stunde Bewegung bzw. Sport für Schulkinder, unter dem Schlagwort "Zucker-/Fettsteuer" gesundheitsfördernde Lebensmittelpreise, bundesweit verbindliche Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kindergärten und Schulen sowie ein Verbot von Werbung, die sich an Kinder richtet. Weiters seien ein Österreichischer Aktionsplan gegen Adipositas sowie eine Behörde, die die Maßnahmen koordiniert, notwendig.

Der Präsident der ÖGKJ kritisierte, dass es im Bereich der sehr seltenen Erkrankungen (Orphan Diseases), die teils sehr teure Medikamente nötig machen, aktuell kaum transparente und nachvollziehbare Regelungen gebe, wann und bei wem die "Orphan-Drugs" eingesetzt werden können und ob die Kostenübernahme durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger sichergestellt ist. Weiters fehle in Österreich eine Regelung bezüglich Versorgung und Finanzierung bei der Nachsorge nach einem stationären Aufenthalt von chronisch kranken oder schwerstkranken Kindern und Jugendlichen. (APA, 20.9.2017)